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Beetle Banks – Landwirte bringen die Artenvielfalt zurück auf den Acker!

Beetle Banks – Landwirte bringen die Artenvielfalt zurück auf den Acker!

Das Insekten- und besonders das Bienensterben ist in Form medialer Großereignisse im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen. Vielerorts mangelt es an Lebensräumen für Kleinstlebewesen. Eine moderne Landwirtschaft steht jedoch nicht grundsätzlich im Gegensatz zu nachhaltiger Nutzung und lebendiger Natur. Deshalb muss die momentane Regelung der Ausgleichsflächen um ein System ergänzt werden, das Naturnutzung und Naturerhalt auf einer Fläche zusammenfügt. Hierfür schaffen Beetle Banks die Grundlage.

Lebensnotwendige Räume
Stattdessen wurde das ökologisch überwiegend wertlose aber bürokratisch anspruchsvolle „Greening“ auf den Weg gebracht. Nicht einmal auf einem Prozent der landwirtschaftlichen Flächen konnten so Dauerlebensräume geschaffen werden, die von Insekten, Vögeln und Säugetieren so dringend benötigt werden. Lebens- und Überlebensraum zu schaffen ist aber Grundvoraussetzung für eine artenreiche Agrarlandschaft.

Das Mikroklima macht’s
Genau das kann die Anlage von sogenannten Beetle Banks (zu Deutsch Insektenwälle) erreichen. Obwohl in Großbritannien bereits in Feldversuchen seit den frühen 1980er Jahren erforscht, fanden die Insektenwälle erst jetzt ihren Weg aufs europäische Festland. Die 40 bis 70 Zentimeter hohen Erdaufschüttungen vereinen die Vorzüge von Altgrasstreifen und Bienenweide und lassen ein ganz besonderes Mikroklima entstehen. Sie werden mit Knaulgras eingesät und idealerweise beidseitig von Blühstreifen flankiert. Innerhalb eines Schlages oder zwischen zwei Feldfrüchten angelegt, kann die Artenvielfalt so endlich auf die Ackerflächen zurückkehren.
Insektenwälle sind Ganzjahresbiotope für Kleinstlebewesen, von denen sie nach erfolgreicher Überwinterung zurück ins Feld einwandern können. Dort können sie sie Schädlingszahlen signifikant reduzieren und wieder wichtige Rollen in komplexen Nahrungsnetzwerken übernehmen – eine Chance für die immer wichtiger werdende biologische Schädlingsbekämpfung.

Pilotprojekte voller Erfolg
Erste Erfahrungen konnte die Game Conservancy Deutschland e.V. (GCD) durch die Eigeninitiative zweier Mitglieder der Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg e.V. in ersten, erfolgreichen Praxistests seit Frühjahr 2019 sammeln. Auf dem Gut Zernikow in der Uckermark und dem Milchgut Bahnitz im Havelland wurden durch die Betreiberfamilien Schulze und Meltl je zwei 800 bis 1.000 Meter lange Insektenwälle mit flankierenden Blühstreifen angelegt und eigenfinanziert. Trotz Startschwierigkeiten und den – auch durch die Trockenheit begünstigten – aufschießenden Ackerunkräutern, können beide Projektstandorte eine durchweg positive Bilanz ziehen. Die Insektenwälle und Randstreifen muten zwar optisch sehr unterschiedlich an, pulsieren aber nur so vor Leben. Es summt, krabbelt und surrt. Die ersten Feldvögel und Hasen sind ebenfalls eingezogen und man blickt zuversichtlich ins nächste Projektjahr. Eine solche Rückeroberung der Feldflur ist nur durch eine Vielzahl von neuen ökologischen Nischen möglich, die in und auf den Insektenwällen entstehen.

Bayern macht mit
Wie hoch der Bedarf ist, zeigen auch zahlreiche andere Untersuchungen. Die Arbeiten der Game Conservancy Deutschland e.V. (GCD) zum Überleben von Junghasen beispielsweise konnten auch den Bayerischen Bauernverband zur Kooperation überzeugen. Der gemeinsame Antrag zu einem Modellprojekt an das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft war bereits erfolgreich. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Triesdorf wird nun eine umfassende, wissenschaftliche Studie zu den Insektenwällen umgesetzt. In drei bayerischen Landwirtschaftsbetrieben wird dafür jede Aktivität ökonomisch beschrieben und die ökologischen Parameter mit wissenschaftlichen Methoden erfasst.

Ziel ist die EU
Am Ende des GCD-Großprojektes steht ein Katalog, der eine in der EU-geförderte Agrarmaßnahme durchzusetzen soll, die tatsächlich positive Effekte für Biodiversität hat und auch für die Landwirtschaft sinnvoll ist. Punktuelle Maßnahmen einzelner Freiwilliger führen nicht zu dem Ziel, ehemals weitverbreitete Arten zu retten oder auch nur zu stabilisieren. Es müssen endlich weiträumige Mosaike von Ganzjahresbiotopen in die Landschaft eingebracht werden. Insektenwälle schaffen das.

V. i. S. d. P.:

Ein Projekt der Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg e.V. und der Game Conservancy Deutschland e.V.

Text und Bild: Dr. Nina Krüger, Dr. Daniel Hoffmann (Game Conservancy Deutschland e.V.)

Projektleitung Brandenburg: Dr. Eberhard Lasson (Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg e.V.)
Kontakt: eberhard.lasson[at]lasson.eu

Weiterführende Informationen und Bildmaterial unter: www.gameconservancy.de

Brandenburger Wolfsmanagementplan überarbeitet

Brandenburger Wolfsmanagementplan überarbeitet

Potsdam – Das Umweltministerium hat heute den überarbeiteten Wolfsmanagementplan vorgelegt. Dieser umfasst drei Teile. Neben aktualisierten Angaben zum laufenden Wolfsmanagement gibt es einen umfassenden Serviceteil mit allen wichtigen Kontaktdaten, Förderrichtlinien und Vorschriften zum Wolf. Als bundesweite Besonderheit sind im Mittelabschnitt des Plans insgesamt 29 Thesen über die künftige Weiterentwicklung des Wolfsmanagements in Brandenburg enthalten. Die Thesen sind von den Landnutzer- und Naturschutzverbänden und dem Ministerium gemeinsam entwickelt worden und werden von allen Beteiligten mitgetragen.

Agrar- und Umweltminister Jörg Vogelsänger betont: „Der neue Wolfsmanagementplan hat insbesondere durch die gemeinsam mit Landnutzer und Naturschutzverbänden erarbeiteten Thesen an Qualität gewonnen. Es ist beachtlich, dass es trotz der scheinbar häufig weit auseinanderliegenden Positionen zum Wolf gelungen ist, ein gemeinsam getragenes Thesenpapier zu entwickeln.“

Die Erarbeitung der Thesen erfolgte in einem längeren Dialogprozess, zu dem das Ministerium eingeladen hatte.

Kommunikationsexperten der Universität Viadrina Frankfurt (Oder) unterstützten dabei die Diskussion. Auf dieser Grundlage soll künftig konstruktiv weitergearbeitet werden, so dass die Thesen auch praktikabel und zeitnah mit Leben gefüllt werden. Ein erstes Ergebnis ist auch schon erreicht: die geforderte vollständige Förderung der Anschaffung von Herdenschutzhunden und Herdenschutzzäunen wurde durch die EU genehmigt. Eine entsprechende Richtlinie ist seit einiger Zeit in Kraft und kommt zur Anwendung.

Stellvertretend auch für die Landesverbände von BUND, NaturFreunden, ÖJV sowie für IFAW und WWF äußert sich Christiane Schröder, Geschäftsführerin des NABU Brandenburg, optimistisch: „Unabhängig von der Zahl der Wölfe ist Weidetierhaltung nur mit guten Präventionsmaßnahmen möglich und der Abschuss von Wölfen soll auch weiterhin das letzte Mittel sein, um regionalen Konflikten entgegenzutreten. Doch damit ein Nebeneinander von Weidetierhaltung und Wolf möglich ist, brauchen wir auch Forschung und technische Entwicklung für neue Wege der Prävention. Die sachlichen und konstruktiven Gespräche sollten daher dringend fortgesetzt und vertieft werden.“

„Der nunmehr dritte Wolfsmanagementplan für Brandenburg ist für keinen der beteiligten Verbände eine Ideallösung. Sehr wohl aber ein nach einem langen Weg gemein-sam gefundener Kompromiss für die Lösung der zukünftigen Herausforderungen“, so Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbands und Vorstand im Forum Natur. Man gehe diesen Weg mit, weil unter der Voraussetzung der Feststellung des „günstigen Erhaltungszustandes“ der Wölfe durch die Bundesministerien, der Weg zu einem aktiven Management erstmals deutlich aufgezeigt wird. „Dies ist ein bundesweites Novum für einen Wolfsmanagementplan. Damit übernimmt Brandenburg, das erste deutsche Bundesland mit einem Wolfsmanagement und einer Wolfsverordnung, erneut eine Vorreiterrolle, von der wir uns für die Zukunft viel versprechen“, so Wendorff. Gleichwohl gelte es nun gemeinsam den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, wozu man ausdrücklich auch die Umweltverbände einlade.

Auch der Vorsitzende des Schafzuchtverbands Knut Kucznik betont: „Mitentscheidend für die Akzeptanz ist die hundertprozentige Finanzierung der Anschaffung und des Unterhalts der Präventionsmaßnahmen incl. Mehraufwand für Herdenschutzmaßnahmen, der Weidetierhaltern durch die Anwesenheit von Wölfen entsteht.“

Hintergrund:

An der Erarbeitung des Wolfsmanagementplans waren u.a. folgende Verbände beteiligt:

  • Bauernbund Brandenburg
  • BUND Brandenburg
  • Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg
  • Forum Natur Brandenburg
  • IFAW
  • Landesarbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer in Brandenburg
  • Landesbauernverband Brandenburg
  • Landesbüro anerkannter Naturschutzverbände
  • Landesjagdverband Brandenburg
  • Landesverband Pferdesport Berlin-Brandenburg
  • NABU Brandenburg
  • Ökologischer Jagdverband
  • Pferdezuchtverband Brandenburg-Anhalt
  • RBB Rinderproduktion Berlin-Brandenburg
  • Schafzuchtverband Berlin-Brandenburg
  • Waldbesitzerverband Brandenburg
  • WWF

Der neue Wolfsmanagementplan Brandenburg umfasst drei Teile.

Der erste Teil beschreibt den Status quo des Wolfsmanagements in Brandenburg, das aus Beratung/Information durch Wolfsbeauftragte vor Ort, einem Monitoringsystem mit Darstellung der Entwicklung der Wolfspopulation und des Rissgeschehens, den Fördermöglichkeiten für die Anschaffung von Herdenschutzhunden und wolfssicheren Zäunen, den Regelungen zum Schadensausgleich bei Wolfsrissen und den Regelungen zum Umgang mit sogenannten Problemwölfen in der Wolfsverordnung besteht.

Der zweite Teil umfasst die 29 gemeinsam entwickelten Thesen zu Wolf – Mensch, Weidetierhaltung – Wolf, Aktives Management, Monitoring, Zukunft der Weidetierhaltung, Prävention, Präventionsförderung, Schadensausgleich, Kommunikation und Forschung sowie Rissbegutachtung. Nicht die Unterscheide zwischen den Auffassungen werden dort betont, sondern die gemeinsame Sicht auf erforderliche Handlungsansätze steht im Mittelpunkt dieser Thesen.

Der dritte Teil ist eine Übersicht aller relevanten Ansprechpartner und Richtlinien zum Thema Wölfe in Brandenburg. Hier werden Adresslisten/Kontakte/Meldestellen, Mindeststandards, zumutbare Herdenschutzmaßnahmen, die Schadensausgleichsrichtlinie, die Richtlinie Prävention und die Brandenburgische Wolfsverordnung (BbgWolfV) zusammengefasst.

Die Aufhebung der engen Beihilfeobergrenze für Prävention ist eine wichtige Grundlage um auch künftig Präventionsmaßnahmen in angemessenem Umfang fördern zu können. Bislang war diese Förderung nur bis maximal 15.000 Euro innerhalb von drei Jahren pro Betrieb möglich. Durch eine entsprechende Genehmigung der EU konnte dies nun aufgehoben werden und schlägt sich in der Förderrichtlinie des Landes entsprechend nieder (https://mlul.brandenburg.de/mlul/de/service/foerderung/natur/praevention-schaeden-wolf-biber).

Extensive Weidetierhaltung ist nicht nur eine Form der artgerechten Erzeugung tierischer Produkte, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Landschaftspflege und zum Erhalt von Lebensräumen und Arten.


V. i. S. d. P.:

Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg
Pressesprecher Dr. Jens-Uwe Schade
Telefon: +49 (0331) 866 70 16
Fax: +49 (331) 866 70 18
E-Mail: Pressestelle@mlul.brandenburg.de
Internet: www.mlul.brandenburg.de

Forderungen zu den Koalitionsverhandlungen: Landnutzung und Naturschutz miteinander versöhnen, Dialog leben!

Forderungen zu den Koalitionsverhandlungen: Landnutzung und Naturschutz miteinander versöhnen, Dialog leben!

Wendorff: „Wir brauchen einen neuen Brandenburger Weg des Miteinander von Stadt und Land!“

Weber: „Die neue Landeregierung wird vielfältiger. Diese Vielfalt muss auch in der Politik ankommen!“

Hammerschmidt: „Wir fordern einen Kulturlandschaftsbeirat, der dem ländlichen Raum eine Stimme gibt!“

Anlässlich der seit gestern laufenden Koalitionsverhandlungen von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen haben sich die Verbände im ländlichen Raum mit sechs Punkten an die Verhandlungspartner gewandt. Nach Jahren der Stagnation in der Agrar- und Umweltpolitik sehen die Verbände den Zeitpunkt gekommen, um Landnutzung und Naturschutz miteinander zu versöhnen und dabei den dringend notwendigen Dialog zu beleben. „Wir brauchen einen neuen Brandenburger Weg, der die brachliegenden Synergien zwischen Stadt und Land zukünftig in den Fokus stellt“, so Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes und Vorstand im Forum Natur. Dabei gelte es auch die weitgehende Ignoranz des Verwaltungshandelns der letzten Jahre gegen-über der ländlichen Bevölkerung zu überwinden. Der Koalitionsvertrag müsse ein deutliches Signal in Richtung eines Brandenburger Weges setzen, der auf Anerkennung der Partner im ländlichen Raum und ihrer Interessen als Nutzer der Kulturlandschaft aufbaut.

So bemängeln die Verbände, dass in den vergangenen Jahren die Schere zwischen den urbanen und den ländlichen Räumen immer weiter auseinander gegangen sei. Abgesehen von den Wahlergebnissen würden sich zwischenzeitlich wesentliche Bevölkerungskennzahlen, die Infrastruktur und ganz besonders die Lebensqualität zwischen Stadt und Land diametral unterscheiden. So verspiele man momentan die Vielfalt, die das Land Brandenburg ausmacht. „Für das Land wie für die Politik gilt, dass Vielfalt eine Chance ist und Vielfalt Dialog bedeutet“, so Thomas Weber, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes und Vorstand im Forum Natur. Es gelte die Potentiale des Ländlichen Raumes zu aktivieren und sich dabei gleichzeitig den immer umfänglicheren Herausforderungen der Landnutzung zu stellen. Dabei stehe das ungehobene Potential der Frostwirtschaft in Brandenburg nur stellvertretend für manches brachliegende Feld, dem sich die neuen Partner widmen müssten.

Als zentrale Forderung fokussieren die Verbände auf die Einrichtung eines Kulturlandschaftsbeirates, der als Beratungsgremium mit Rederecht beim Landtag angesiedelt sein soll. „Wir müssen die Sprachlosigkeit und das aneinander vorbei agieren verschiedener Partner überwinden“, so Rudolf Hammerschmidt, Vorsitzender der Familienbetriebe und Vorstand im Forum Natur. Zukünftig dürften nicht nur Beiräte bei der Landesregierung angesiedelt sein, sondern es müsse auch sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber Dialoge initiiere und der Ideentransfer in und aus dem ländlichen Raum sichergestellt ist.


Wassergesetz: Schlag ins Gesicht des Parlaments und maßlose Enttäuschung der Verbände im ländlichen Raum!

Wassergesetz: Schlag ins Gesicht des Parlaments und maßlose Enttäuschung der Verbände im ländlichen Raum!

Wendorff: „Was die Verwaltung nun vorgelegt hat ist ein Stück aus dem politischen Tollhaus. Der Konsens aller Akteure im ländlichen Raum wird einseitig in die Belastung weniger umgedreht!“

Hammerschmidt: „Die Verwaltung hat sich mittlerweile rechtsstaatlich entkoppelt und macht längst ihre eigenen Gesetze. Parlament und Zivilgesellschaft spielen offenbar keine Rolle mehr – der Brandenburger Weg ist tot!“

Weber: „Der Verwaltung ist es gelungen den vom Parlament gestützten Verbändevorschlag zum Wassergesetz vollständig zu torpedieren, raus gekommen ist ein Blendwerk der Enttäuschung!“

Potsdam – Mit Empörung und auch Zorn haben die Verbände im ländlichen Raum auf die am vergangenen Frei-tag in die parlamentarische Unterrichtung gegebene Verordnung zum Wassergesetz reagiert. „Der Entwurf ist ein Dokument des blanken Unwillens, ein Schlag ins Gesicht des Parlaments und zudem fachlich blamabel. Der Wasserverwaltung des Landes sind die Vorgaben und Beschlüsse des brandenburgischen Landtages offensichtlich genauso egal, wie die Stellungnahmen der Experten“, fasst Rudolf Hammerschmidt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst und Mitglied im Forum Natur, die Kritik der Verbände zusammen. Anlass für diese Reaktion ist der in den letzten Tagen der aktuellen Legislaturperiode ins Verfahren gegebene Verordnungsentwurf. Darin lässt die Verwaltung die gesetzlich vorgegebene Verpflichtung zur – spürbaren – Differenzierung der Beiträge für die Gewässerunterhaltungsverbänden faktisch leerlaufen. Es sollen Differenzierungsfaktoren eingeführt werden, die in ihrer Wirkung mehr oder minder der alten Gesetzeslage gleichkommen.


Mit dem bereits zum Dezember 2017 in Kraft getretenen, novellierten Wassergesetz hatte der Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt, dass die Gebühren für die Unterhaltungsverbände zum Anfang des kommenden Jahres in einem mindestens dreistufigen Faktorenkorridor wirksam zu differenzieren sind. Ein seinerzeit im Konsens aller Betroffenen ins Spiel gebrachter Vorschlag sah diese Differenzierung bei den Faktoren 0,4 (Wald/Wasserflächen), 1 (Agrarflächen) und 4 für besonders bevorteilte versiegelte Flächen (vor allem städtische Bereiche) vor. „Dass die Verbände damals die Arbeit der Verwaltung machen mussten, nachdem das Par-lament über alle Fraktionen einen Gesetzesantrag der Landesregierung zurückgewiesen hatte, war eigentlich schon ein Stück aus dem Tollhaus“, so Henrik Wendorff, Präsident des Bauernverbandes und Vorstand im Forum Natur. Der nun durch die Verwaltung vorgelegte Vorschlag lasse einen nun aber endgültig am Zustand des Landes zweifeln. Zwar folge dieser rein formal dem Wassergesetz, führt dieses aber gleichzeitig durch die gewählten Differenzierungsfaktoren 0,5 – 1,0 – 1,5 ad absurdum, indem sich die Vorteils- und Nachteilsfaktoren in einem Nullsummenspiel weitgehend gegeneinander ausgleichen.


„Wir nehmen erneut zur Kenntnis, dass sich die Wasserverwaltung des Landes Brandenburg offensichtlich voll-kommen verselbstständigt hat“, so auch Thomas Weber, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes und Vorstand im Forum Natur. Wenn die Verwaltung zu zwei Beratungsterminen einlade, in der sich alle Verbände unisono gegen einen engen und annährend undifferenzierten Faktorenkorridor aussprechen, dann aber genau dieser ohne jede Änderung eingeführt wird, dann betreibe die Verwaltung nur noch eine Scheinbefassung. Geradezu aberwitzig sei zudem, dass mit der durch die Verwaltung vorgeschlagenen Lösung die Differenzierung faktisch nicht greife, gleichzeitig aber der Aufwand für die beitragserhebenden Kommunen und Verbände deutlich steigen werde. „Die Verwaltung hat es geschafft, den Verbändevorschlag zum Wassergesetz schon in der Frage der direkten Mitgliederschaft und nun auch in der Beitragserhebung zu torpedieren und faktisch das alte Wasser-gesetzt durch die Hintertür wieder einzuführen. „Eigentlich wäre Minister Vogelsänger erneut aufgerufen, unverzüglich für Klarheit in seinem Hause zu sorgen, wie schon so oft zuvor“, so Weber abschließend.


Kleine Vögel, die für große Fragen stehen

Kleine Vögel, die für große Fragen stehen

Gedanken zu Europa oder zur Unabhängigkeitserklärung?

Erstmalig erschienen im „Märkischen Fischer“

MF – Ausgabe 67 | April bis Juni 2019

von Gregor Beyer

Am 26. Mai dieses Jahrs sind die Bürgerinnen und Bürger auch in Deutschland aufgerufen, zum neunten Mal in Form einer Direktwahl die Abgeordneten des europäischen Parlaments zu bestimmen. Eigentlich sollte es für jeden Wahlberechtigten eine Selbstverständlichkeit sein, sich an dieser Wahl zu beteiligen. Denn in der Tat ist zutreffend, worauf in mancherlei Publikationen zu diesem Datum sehr zu Recht hingewiesen wird. Niemals zuvor hat eine staatliche Organisationsform daran mitgewirkt, dass annähernd ein gesamter Kontinent so umfänglich und lange in Frieden existieren konnte. Diese mittlerweile 70-jährige Friedenszeit, die gemessen an den historischen Erfahrungen vergangener Jahrhunderte alles andere als selbstverständlich ist, ist nicht zuletzt auch der staatlich und administrativ organisierten Europäischen Union zu verdanken.

Man mag darüber philosophieren, ob wir diese Friedensperiode mittlerweile nicht als viel zu selbstverständlich hinnehmen. Tatsache ist es aber eben auch, dass die Menschen dieses Europa nicht nur an dieser Friedenszeit messen, sondern vor allem an ihren alltäglichen Erfahrungen mit der Europäischen Union. Hört man in das Land hinein, so fällt immer stärker und überdeutlich auf, dass nicht nur die Landnutzer, aber eben insbesondere auch diese, mit diesem Europa hadern. Ursächlich dafür ist das Empfinden, dass diejenige, die die reichhaltige europäische Kulturlandschaft bewahren bzw. erst geschaffen haben, immer stärker zu Gästen im eigenen Haus werden. Abgesehen von den großen Fragen des Schutzgebietssystems „Natura 2000“, ist es vor allem der Umgang mit einzelnen Arten, die einen immer größeren Einfluss auf die Möglichkeiten der Landnutzung erlangen, und die für diese Skepsis sorgen. Wollte man dies exemplarisch verdeutlichen, so sind die Fischer und Angler des Landes insbesondere von einer Tierart betroffen, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Fischerei, insbesondere der europäischen Binnenfischerei, maßgeblich infrage stellt.

Umso hoffnungsfroher waren die betroffenen Betriebe gestimmt, als das Europäische Parlament am 12. Juli des vergangenen Jahres einen Antrag beschloss, der den für europäische Papiere typisch sperrigen Namen „Entwicklung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen europäischen Aquakulturbranche“ trägt. Auch wenn der 23-seitige Beschlusstext selbst für interessierte und geneigte Leser nicht ganz einfach zu erfassen ist, zudem über weite Teile einer nicht enden wollenden Aufzählungen gleicht und in einer unendlichen Darlegung von Erwägungen gipfelt, so beinhaltet er doch einige recht erstaunliche und überaus konkrete Festlegungen. Diese gipfeln im Punkt 91 schließlich in einer klaren Aufforderung an die Kommission, „gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Maßnahmen zu ergreifen, die die Kormoranbestände mit allen Mitteln drastisch auf ein derartiges Maß reduzieren, das einerseits die Bestandserhaltung der Kormorane gewährleistet und andererseits keine Bedrohung für andere Arten entstehen lässt und Schäden in den betroffenen Aquakulturen abwendet“. Deutlicher kann man einen Parlamentsbeschluss als Auftrag an eine vollziehende Regierung eigentlich nicht fassen! Und dennoch, nach mittlerweile über einem halben Jahr muss man ernüchtert auf die Frage, was denn nun konkret passiert ist, feststellen: Nichts!

Weiterhin werden geschützte Arten in Europa und insbesondere in Deutschland um ihres Schutzes willen geschützt und nicht etwa deshalb, weil sie als gefährdet anzusehen wären. Und unabhängig vom Kormoran trifft diese Feststellung auf eine Reihe von für die Kulturlandschaft bedeutenden Arten zu, wie beispielsweise den Biber oder in der jüngsten Diskussion insbesondere auch den Wolf. Dass Europa mittlerweile einen solch großen Frust auslöst und sich viele Landnutzer fragen, inwieweit eine Beteiligung an einer Europawahl als sinnvoll erscheint, hängt mit dieser vielfach zu beobachtenden Form des organisierten Staatsversagens zusammen. Dass dies so ist, hat viel mit der Art und Weise zu tun, wie wir dieses Europa aufgebaut haben, gleichfalls aber auch mit der Umsetzung des europäischen Rechts in die nationale Gesetzgebung und mit dem Umstand, dass zwischenzeitlich auch im eigenen Land das Verhältnis von Parlament und Verwaltung immer weniger dem Anspruch an eine gelebte Gewaltenteilung genügt. Realistischerweise muss man feststellen, dass genauso, wie das europäische Parlament im eigentlichen Sinne kein Souverän mit direktem Durchgriffsrecht auf die Verwaltung ist, wir es auch in der Bundesrepublik wie in den Ländern zugelassen haben, dass die Parlamente immer stärker entmachtet werden.

Dies führte schlussendlich dazu, dass auf allen Ebenen Bürokraten den Ton angeben, die oftmals jegliche Verbindung zur Realität verloren haben. Jener genannte Beschluss zur europäischen Aquakultur bringt es selbst auf den Punkten, wenn unter Aufzählung 32 auf die „bewährten Verfahren in der Branche und die Beispiele guter Zusammenarbeit auf der Grundlage von freiwilligen Abkommen“ abgehoben wird. Gerade erst versuchen wir zum ersten Mal überhaupt im Land Brandenburg, dass ein FFH-Gebiet auf dem Wege einer freiwilligen Vereinbarung mit betroffenen Eigentümern umgesetzt wird. Man fragt sich, in welchem geistigen Zustand sich ein Parlament befindet und in welchem Europa es eigentlich lebt, wenn es zu einer solchen weltfremden Feststellung kommt. Und alles dies wird noch dadurch verschärft, dass unsere Naturschutzabteilungen der Ministerien oftmals zu reinen Propagandaabteilungen der sogenannten Naturschutzverbände verkommen sind, die mit dem Instrument des Verbandsklagerechts den Staat zum erpressbaren Vollstrecker demokratisch nicht legitimierter Ziele gemacht haben.

Wenn man sich das Europa der heutigen Tage anschaut, so kommt einem gelegentlich die amerikanische Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 in den Sinn. Darin heben die dreizehn Unterzeichnerstaaten auf die vielfachen Missstände einer übergeordneten Willkürherrschaft ab. So schreiben sie, „er (der englische König) hat eine große Zahl neuer Ämter eingerichtet und eine Menge von Beamten gesandt, um unser Volk zu drangsalieren und um von ihm zu leben“. Man kann fast den Eindruck gewinnen, hier schreibt jemand über die heutige EU, während es momentan die Engländer sind, die sich emanzipieren. Und bezeichnenderweise kommt die Unabhängigkeitserklärung schließlich zu dem Schluss, dass „ein Fürst, dessen Charakter durch jene Handlung in solcher Weise gekennzeichnet ist, als Tyrann bezeichnet werden kann und als Herrscher über ein freies Volk ungeeignet ist“. Ja, man kommt nicht ganz umhin, Parallelen zwischen der damaligen Bestrebung nach Unabhängigkeit in einem anderen Teil dieser Welt und der heutigen EU zu sehen, die von vielen Menschen, allen voran im ländlichen Raum, immer mehr als ein Instrument der Willkürherrschaft verstanden wird.

Dennoch, es ist unser Europa und bei Licht betrachtet wird es mehr gebraucht denn je. Man fragt sich, wie wir uns die verlorene Idee von unserem Europa zurückholen. Es war gedacht als ein Europa, das den Frieden in den Regionen garantiert, ohne diese Regionen zu bevormunden. Alfred Andersch lässt seinen zweifelnden Pfarrer Helander in „Sansibar oder der letzte Grund“ feststellen, dass ein Gott, der den Seien nicht beisteht, gezüchtigt werden muss! Vielleicht müssen wir tatsächlich ein stückweit zurück zu diesem alten Schamanenglaube, an die Anfänge, dahin, wo es um den Frieden und nicht um die Interessen ging. Allerdings hatte jener Helander auch sehr zu Recht erkannt, dass das „Reich auf keinen Fall den anderen überlassen werden darf“, jenen, die den Zweifel missbrauchen und den Frieden missachten! Vielleicht müssen wir es tatsächlich ein klein wenig züchtigen, weil wir es lieben – unser altes Europa!

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Märkischer Fischer – Ausgabe 67 | April bis Juni 2019