Landnutzern drohen Einschränkungen
Die Debatte um die sogenannten Problemtierarten gewinnt in den vergangenen Wochen deutlich an Fahrt. Die immer deutlicheren Widersprüche zwischen verschiedenen Schutzzielen führen zu einer interessanten Dynamik in Land, Bund und EU.
Es ist für die Fischer, Angler und Teichwirte seit vielen Jahren leidvolle Erfahrung, dass ehemals gefährdete Arten aufgrund ihres Wiedererstarkens zu erheblichen Beeinträchtigungen der Fischereiwirtschaft führen. Dieses Phänomen trifft insbesondere auf den Kormoran mit seinem direkten Einfluss auf die Fischbestände zu. Weitere Arten, wie beispielsweise der Biber oder der Silberreiher führen zu neuen und sich immer stärker potenzieren Problemen.
Wurden diese Probleme über Jahre hinweg von der Gesellschaft und der Politik oftmals einfach abge-tan, so sind nun auch weitere Landnutzer betroffen. Die Speerspitze dieser Entwicklung bilden momentan unsere Weitetierhalter, die durch das Wiedererstarken der Wolfspopulation in Brandenburg betroffen sind. Und es bedarf keiner prophetischen Begabung um sich auszumalen, dass mit Tierarten wie dem Elch oder in jüngster Zeit sogar dem Wisent die Frage im Raum steht, wann auch die Forst-wirtschaft von ähnlichen Problemen betroffen sein wird.
Da diese Probleme trotz Vorhandensein dieser Arten über viele Jahrhunderte hinweg beherrschbar waren und das Management dieser Arten zum selbstverständlichen Handwerkszeug der Landnutzer gehörte, können die Ursachen dafür weder im Bereich der nicht vorhandenen Mittel, noch im fehlenden Wissen der Landnutzer liegen. Es ist vielmehr einzig und allein der falsch justiert rechtliche Handlungs-rahmen, der die Landnutzer in ihren Möglichkeiten erheblich einschränkt, in Bezug auf viele Arten ge-radezu zur Untätigkeit verurteilt.
Ursächlich dafür sind die „FFH- und die Vogelschutzrichtlinie“, die so etwas wie das Grundgesetz des Naturschutzrechts darstellen. Diese Richtlinien gingen seinerzeit von der Grundannahme aus, dass sich „der Zustand der natürlichen Lebensräume und Arten im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten unaufhörlich verschlechtert“. Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, sehen sie die Schaffung eines Schutzgebietsnetzwerkes vor, in welchem die Lebensräume und die in ihnen lebenden Arten in einem „günstigen Erhaltungszustand“ gehalten werden sollten. Allerdings ordneten sie die Arten in annähernd unveränderliche Anhänge ein und band Änderung an einstimmige Ratsbeschlüsse. Mit dieser Scheinmöglichkeit der Veränderung des Schutzsatus hat die EU ein System geschaffen, gegen das die Planwirtschaft der ehemaligen DDR ein geradezu hochdynamischer marktwirtschaftlicher Ansatz war.
Dass die heutige Debatte eine solche Dynamik bekommt, hängt vor allem mit den immer deutlicher werdenden Widersprüchen zwischen verschiedenen Schutz- und Nutzungszielen und dem Unvermögen des Schutzsystems zusammen, auf den eigenen Erfolg und dadurch bedingte Veränderung in unseren Kulturlandschaften mit der notwendigen Schnelligkeit zu reagieren. Die Problemtierarten machen uns immer deutlicher, dass die von der Umweltseite gerne gepflegten Weltbilder sich spätestens bei der Konfrontation mit der Wirklichkeit in unseren Kulturlandschaften als Luftschlösser erweisen. So mag man den Gefährdungsgrad der Kormorane einschätzen wie man will, an ihrem erheblichen Einfluss auf ebenfalls geschützte Fischarten lässt sich langfristig nicht zweifeln.
Für die Öffentlichkeit noch deutlicher werden diese Widersprüche beim emotional diskutierten Thema der Wölfe, da diese zwischenzeitlich immer deutlicher die Existenz der Weidewirtschaft in unserem Land infrage stellen. Genau wie die Teichwirtschaft ist auch die Weidehaltung aber unabdingbare Voraussetzung für den Erhalt vieler ebenfalls unter Schutz stehender Arten und Lebensräume. Insofern ist es sehr zu begrüßen, dass der maßgeblich durch den Landesfischereiverband mit organisierte Besuch des für Fischerei zuständigen EU-Kommissar, Karmenu Vella, auch zu einem intensiven Dialog auch unter Beteiligung von Ministerpräsident Dietmar Woidke geführt hat. In einem mehrseitigen Schreiben drang dieser im vergangenen Jahr darauf, gemeinsam konkrete Schritte zu unternehmen und so den notwendigen Artenschutz und die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Fischereibetriebe und Teichwirt-schaften unter einen Hut zu bringen. Das nunmehr vorliegende Antwortschreiben von Karmenu Vella geht ungewöhnlich umfangreich auf diese Anregung ein und schließt sich ihnen an.
Besonders erfreulich ist es, dass die Belange der Fischerei nun im Fokus einer Reihe von zukünftigen Vorhaben stehen sollen. Neben der Erarbeitung eines EU-weiten Managementansatzes für den Kormo-ran, soll ein intensiver Dialog über das Kormoranpopulationsmanagement auf biogeographischer Ebene angestoßen werden. In einem übergeordneten politischen Treffen sollen die Möglichkeiten einer rechtlich abgesicherten Entschädigungs- und Präventionspraxis geschaffen werden. Diese Aktivitäten korrespondieren erfreulicherweise auch mit vielfachen Initiativen sowohl auf der Bundes-, als auch auf der Landesebene. So ist die Überprüfung des Schutzstatuts verschiedener Tierarten Gegenstand mehrerer Befassungen im brandenburgischen Landtag. Ein durch die CDU-Fraktion vorangetriebener An-trag führt im Agrarausschuss des Landtages zur Befassung mit der Einführung einer sogenannten Schutzjagd auf Wölfe nach skandinavischem Vorbild. Alles dies zeigt deutlich, dass sich die bestehenden Widersprüche im FFH-Recht nicht mehr so einfach wegdiskutieren lassen.
Aktuellstes Beispiel dafür sind auch die Formulierungen im Koalitionsvertrag einer möglicherweise neuen Bundesregierung, wonach „die EU-Kommission auffordert wird, den Schutzstatus des Wolfes abhängig von seinem Erhaltungszustand zu überprüfen, um die notwendigen Bestandsreduktion herbeiführen zu können“. Das genau dieser Ansatz noch dringlicher für die Arten Kormoran, Silberreiher und Biber ist, steht außer Zweifel.
Alles in allem zeigt sich deutlich, dass die Aktivitäten der Verbände in Brandenburg einen erheblichen Beitrag dazu leisten, dass diese seit vielen Jahren überfällige Diskussion jetzt auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene geführt wird und zum ersten Mal etwas Bewegung aufkommt. Um diesen Prozess aufrechtzuerhalten wird es auch weiterhin notwendig sein, dass die Verbände auf die intensive Unterstützung der von den Problemtierarten betroffenen Betriebe zurückgreifen können. Diesbezüglich geht ein herzlicher Dank sowohl an die Mitglieder des Landesfischereiverbandes Brandenburg, als auch an die vielen Angelvereine, die das Forum Natur im vergangenen Jahr nicht zuletzt durch ihre Beiträge und durch zahlreiche Spenden unterstützt haben.
Der Beitrag von Gregor Beyer ist erstmalig im „Märkischen Fischer“, Ausgabe 64 | April bis Juni 2018, erschienen.
„Märkischen Fischer“, Ausgabe 64 | April bis Juni 2018, zum download: MärkischerFischer_64_2018