Am 09.12.2019 hat der Umweltauschuss des Deutschen Bundestages eine öffentliche Anhörung zu den Vorlagen „Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes“ durchgeführt. Der Geschäftsführer des Forum Natur Brandenburg, war anlässlich der Befassung als anzuhörender Sachverständiger geladen. Es hat dabei deutlich gemacht, dass das Gesetzesvorhaben in seiner bislang geplanten Umsetzung droht ein „Wolfsakzeptanzverlustbeschleunigungsgesetz (WAVBG)“ zu werden.
Die gesamte Anhörung mit den dazugehörigen Dokumenten findet sich auf den Seiten des Ausschusses Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit des Deutschen Bundestages. Im Verlauf der Änhörung hat die Frage nach der Höhe des deutschen Wolfsbestandes eine zentrale Rolle eingenommen. Hierzu hat Gregor Beyer ausführlich die gegenwärtige Situation dargelegt und dabei auf das Bundesamt für Naturschutz (BfN) erwiedert.
Die von dem Wiedererstarken der deutschen Wolfsbestände betroffenen Landnutzer begrüßen es unumwunden, dass sich der Deutsche Bundestag der dringend notwendigen Gesetzesänderung stellt, die insgesamt durch die Entwicklung der europäischen Wolfspopulation notwendig wird und deren Bedarf für ein „aktives Bestandsmanagement“ immer deutlicher zutage tritt. Wir begrüßen in diesem Kontext ebenso ausdrücklich, dass die Hauptzielsetzung für ihr Gesetzesvorhaben darin liegt, „die Rechtssicherheit bei der Erteilung von Ausnahmen von den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten zu erhöhen“. Dass es diesbezüglich einen grundsätzlichen Bedarf gibt, ist über die verschiedenen verbandspolitischen Positionierungen hinweg in der Bundesrepublik Deutschland mittlerweile unumstritten.
Gleichwohl stellt sich im Rahmen Ihrer Zielsetzung die für die Betroffenen geradezu essenzielle Frage, ob die Art und Weise ihrer gesetzesseitigen Umsetzung geeignet ist, diesem Ziel zu entsprechen. Gleichwohl muss die Frage erörtert werden, inwieweit Ihr Vorhaben insgesamt mit der sich gegenwärtig abzeichnenden Lage zur Betroffenheit der Landnutzung in der deutschen Kulturlandschaft geeignet ist, die bestehenden Konflikte mindestens zu minimieren und die Akzeptanz für die weiterhin ungebrochene Ausbreitung der Wölfe in Deutschland zu erhalten. Eingedenk dieser Vorbemerkung möchten wir die folgende Stellungnahme auf diese beiden Punkte konzentrieren.
I. Möglichkeit der Schaffung von Rechtsicherheit
Das Bundesnaturschutzgesetz fordert vor der letalen Entnahme einzel-ner Wolfsindividuen bislang den Nachweis des Entstehens „erheblicher land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher Schäden“. Sie beabsichtigen diese Schadensdefinition abzustufen, indem Sie den Begriff der erheblichen Schäden in sogenannte ernsthafte Schäden umdefinieren wollen. Grundsätzlich ist diese Herangehensweise zu begrüßen, da die gegenwärtig gültige Rechtsprechung den bislang gültigen Begriff der erheblichen Schäden in einer Art und Weise auslegt, die faktisch den wirtschaftlichen Ruin eines betroffenen Unternehmens voraussetzt, bevor die Verwaltung die Entnahme einzelner Tiere bescheiden kann.
Dabei unterlassen Sie es jedoch in Ihrem Gesetzesvorhaben vollständig, den neuen Rechtsbegriff auch nur ansatzweise näher zu definieren. Weder beabsichtigen Sie, in das Gesetz eine „Positiv- bzw. Negativliste“ einzuführen, noch geben Sie ergänzende Hinweise im Gesetzestext, die die spätere Auslegung Ihres gesetzgeberischen Willens für die rechtlich wie praktisch Betroffenen möglich macht. Es ist daher davon auszugehen, dass die spätere Anwendung der Definition „ernsthafte Schäden“ die gleichen jahrelang betriebenen rechtlichen Auseinandersetzungen nach sich ziehen wird, die in den vergangenen Jahren bereits im Rahmen der Auslegung des Begriffes „erheblicher Schäden“ zu beobachten war. Wir weisen diesbezüglich insbesondere auf die erfolgten Auseinandersetzungen zwischen dem Landkreis Märkisch-Oderland (Bundesland Brandenburg) und den dort aktiven Umwelt NGOs bezüglich der Entnahme von Bibern hin. Im Lichte dieser Auseinandersetzung erweist sich Ihr Gesetzesvorhaben als zutiefst kontraproduktiv, da die zwischenzeitlich eingetretene, wenn auch un-genügende Rechtssicherheit bezüglich der Auslegung von „erheblichen Schäden“ im Zuge Ihres Gesetzesvorhabens von erneuten jahrelangen Auseinandersetzungen bezüglich des dann neuen Begriffes abgelöst werden wird.
Hingewiesen sei in diesem Kontext auch darauf, dass die Einschätzung der Bundesregierung zum „Erfüllungsaufwand“ Ihres Gesetzesentwurfes in allen drei Punkten nicht zutreffend ist. Sowohl für betroffenen Bürgerinnen und Bürger, gleichfalls wie von den Wölfen betroffene Wirtschaftsunternehmen (insb. Agrarunternehmen mit Weidetierhaltung), als auch für die betroffene Verwaltung wird im Zuge der Schaffung von Rechtssicherheit bezüglich der Auslegung des neuen Rechtsbegriffs erheblicher Aufwand entstehen, der sich nach allen vorangegangenen Erfahrungen über mehrere Jahre und über mehrere Instanzen der Rechtsprechung hinziehen wird. Gleiches gilt selbstverständlich für die Darlegung zu den nicht zu erwartenden weiteren Kosten. Selbstverständlich ist das durch das zu erwartende Beklagen der neuen Gesetzeslage bzw. der darauf fußenden Verwaltungsentscheidungen mit erheblichen Aufwendungen zu rechnen.
Ihr Vorhaben ist daher nicht geeignet, zur Rechtssicherheit beizutragen, sondern wird vielmehr eine erneute Phase akzeptanzminimierender Rechtsunsicherheit begründen.
Ferner beabsichtigen Sie zukünftig einen Eingriff bei Schäden an Nutztieren auch dann möglich zu machen, wenn das entstandene Schadensbild nicht zweifelsfrei und eindeutig einem verursachenden Wolfsindividuum zugeordnet werden kann. Sie schaffen damit in Bezug auf die teilweise bestehenden Regelungen in den Wolfverordnungen der Länder ein Stück weit Rechtssicherheit und bestätigen bundesgesetzlich die beispielsweise im Bundesland Brandenburg durch die Wolfsverordnung bereits heute bestehende Rechtssituation.
Zusätzlich beabsichtigen Sie eine Klarstellung bezüglich der Bestimmung für geeignete Personen, die eine Entnahme von Wölfen nach Erteilung einer Ausnahme durchführen sollen. Auch diese Neuregelung wird im Grundsatz begrüßt. Allerdings zeigen insbesondere aktuell vorliegende Erfahrungen (siehe hier aktuell insbesondere Bundesland Schleswig-Holstein), dass eine Entnahme von entsprechenden Wolfsindividuen nur auf dem Wege eines großflächigen Ansatzes durch die Jagdausübungsberechtigten innerhalb des deutschen Reviersystems realistisch ist. Es erweist sich daher als ungenügend, dass Sie in Ihrem Gesetzesvorhaben lediglich auf eine Einbeziehung der Jagdausübungsberechtigten „nach Möglichkeit“ abstellen wollen.
Dies entspricht auch nicht den bereits heute gültigen Regelungen, wie sie beispielsweise das Bundesland Brandenburg getroffen hat. Es ist daher eine Regelung anzuraten, bei der die Jagdausübungsberechtigten grundsätzlich als „Erstzugriffsberechtigte“ zu benennen sind, während die Realisierung der Entnahme durch anderweitige Personen nur dann infrage kommen darf, wenn einzelne oder mehrere Jagdausübungsberechtigten ihre Bereitschaft für den Vollzug verweigern. Diesbezüglich wäre es deutlich anzuraten, dass die für die Entnahme notwendigen Jagdausübungsberechtigten für diese zukünftigen Aufgaben entsprechend qualifiziert werden und ein gesetzlicher Rahmen geschaffen wird, indem die notwendige Entnahme auf Basis klarer und nachvollziehbarer Regelungen in einem zweifelsfrei bestehenden „Zustand von Rechtssicherheit“ erfolgen kann.
II. Kompatibilität des Vorhabens zur aktuellen „Wolfssituation“
Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen muss die Frage gestellt werden, inwieweit der von Ihnen beabsichtigte Regelungsbedarf der Lebenswirklichkeit Betroffener und der aktuellen Wolfsituation gerecht wird. Um den gegenwärtigen Zustand des „nationalen Wolfsbestandes“ und dessen Auswirkungen zu beurteilen, bieten sich insbesondere die Bestandszahlen und die aus diesen entstehenden Schäden an Nutztieren an. Bezüglich der Bestandszahlen der in der Bundesrepublik beheimateten Wölfe ist nicht nur deren Höhe von Interesse, sondern vor allem auch die Art und Weise, wie diese Bestandszahlen mit welchen Bezugszeitpunkten publiziert und wahrgenommen werden. So hatte beispielsweise das Bundesamt für Naturschutz im nationalen Bericht nach Artikel 17 der FFH-Richtlinie mit Beginn dieses Jahres 166 Wölfe als nationalen Bestand (kontinentale und atlantische Region) an die EU gemeldet. Dieser Umstand hat in den vergangenen Wochen für erhebliche Debatten und Irritationen gesorgt. Ursächlich dafür war der Umstand, dass diese Meldung lediglich den Wolfbestand in Deutschland mit Bezug zum Monitoringjahr 2015/16 wiedergegeben hat. Diese in der zeitlichen Abfolge der FFH-Berichte erklärbaren Bestandszahlen widersprechen jedoch diametral dem gegenwärtigen deutschen Wolfsbestand, mit dem sich die Betroffenen konfrontiert sehen.
Auch die in der vergangenen Woche durch das Bundesamt für Naturschutz gemeldeten sogenannten aktuellen Bestandszahlen sind zum Zeitpunkt ihrer Meldung bereits überholt. Rechnet man diese Zahlen (105 Rudel, 25 Wolfspaare und 13 Einzelindividuen) nach den wissenschaftlich anerkannten Kenngrößen (ein Rudel entspricht acht Individuen) auf Einzelindividuen um, so würde dies einer Anzahl von 878 Wölfen in Deutschland entsprechen. Allerdings ist hierbei zu berück-sichtigen, dass es sich dabei um den Frühjahrsbestand dieses Jahres handelt, also ohne den längst vorhandenen Nachwuchs. Ermittelt man diesen mit der ebenfalls wissenschaftlich anerkannten Zuwachsrate von 35-36 %, so leben offiziell gegenwärtig etwas über 1.190 Wölfe in Deutschland.
Will man sich diesbezüglich mit dem Handlungsbedarf für politische Entscheidungen auseinandersetzen, so muss man diese aktuelle Bestandszahl in einer mathematischen Simulation für die kommenden Jahre betrachten. Dies bedeutet, dass bereits im Spätjahr 2021 von deutlich über 2.200 Wölfen auszugehen ist, im Spätjahr 2024 die 5.000 Grenze deutlich überschritten sein wird und in etwa zehn Jahren von rund 25.000 Wölfen ausgegangen werden kann. Da für die deutsche Kulturlandschaft keine Kapazitätsgrenze erkennbar ist, die diesen alljährlichen Zuwachs in naher Zukunft begrenzen könnte, muss eine zehnjährige Betrachtungsreihe mit ungebrochenem Zuwachs als durchaus realistisch betrachtet werden.
Diese Bestandsentwicklung geht einher mit der Schadensituation an Nutztieren. Die aktuellen Zahlen vom Ende der letzten Woche machen mit 2.067 getöteten, verletzten oder vermissten Nutztieren im Jahr 2018 deutlich, was ein weiteres Anwachsen des Wolfsbestandes mit dem ebenso exponentiell Anwachsen der Schäden an Nutztieren für die Betroffenen zukünftig bedeuten wird.
Bezüglich dieser Darlegung muss man sich vergegenwärtigen, dass sich die Entwicklung des Wolfsbestandes in den verschiedenen deutschen Bundesländern völlig unterschiedlich darstellt. So mag die durch den Deutschen Bundestag angedachte Neuregelungen im Bundesnaturschutzgesetz durchaus geeignet sein, um in jenen Bundesländern Wirkung zu entfalten, die erst am Anfang der Wiederbesiedlung mit Wöl-fen stehen. Insbesondere in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und auch Niedersachsen gestaltet sich die Situation allerdings gänzlich anders. Hier ist längst eine Grenze in der Bestandsermittlung erreicht, die die dringende Notwendigkeit begründet, die Weichen für ein zukünftiges „aktives Bestandsmanagement“ der Wölfe in Deutschland zu stellen. Mindestens in diesen betroffenen Bundesländern erweisen sich die jetzigen Regelungsvorschläge im BNatSchG daher als deutlich verspätet und werden keinen Beitrag zur Akzeptanzsicherung für den Wolf in Deutschland leisten.
III. Zusammenfassung
Das durch die Bundesregierung eingebrachte und im parlamentarischen Raum diskutierte Vorhaben von gesetzlichen Neuregelungen im Rahmen des Umgangs mit Wölfen geht in einigen Punkten in die richtige Richtung. Gleichwohl wird das Vorhaben nicht seinem Anspruch gerecht, die gegenwärtig unbefriedigende Rechtslage einer umfassenden Verbesserung zuzuführen. Als besonders problematisch erweist es sich, dass die angedachten Neuregelungen, insbesondere in den vom Wiedererstarken des Wolfsbestandes besonders betroffenen Bundesländern, nicht mit der realen Wolfssituation korrespondieren. Den politisch Verantwortlichen verbleibt gegenwärtig nur noch ein geringer Zeithorizont, um jene politischen Entscheidungen zu treffen, die für ein Land mit flächendeckender Besiedlung von Wölfen essenziell sind. Die Vorschläge dazu sind umfänglich erarbeitet. Wir verweisen daher auf den „Handlungsvorschlag für ein praxisorientiertes Wolfsmanagement in der Kulturlandschaft Deutschlands“, den wir dieser Stellungnahme in Anlage beifügen.
Bezüglich des vorgelegten Gesetzesentwurfes eines „zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes“ verweisen wir daher auf den nach unserer Auffassung falschen Namen für dieses Gesetz. Angebracht wäre es, das Gesetzesvorhaben in seiner jetzigen Ausprägung als „Wolfsakzeptanzverlustbeschleunigungsgesetz (WAVBG)“ zu bezeichnen.
Das Vorhaben wird nach unserer Auffassung lediglich dazu beitragen, den gegenwärtig zu beobachtenden rapiden Verlust der Akzeptanz für Wölfe in unserer Kulturlandschaft zu forcieren. Wir appellieren an den politischen Raum, sich den Realitäten bezüglich des Wiedererstarken des nationalen Wolfsbestandes zu stellen und die europarechtlich zulässigen Ausnahmemöglichkeiten des Artikel 16 FFH-Richtline in bundesdeutsches Recht zu überführen. Jede andere Herangehensweise, die hinter diesem Anspruch zurückbleibt, bedeutet ein Versagen in den Bemühungen um die Ermöglichung einer Kulturlandschaft mit Wolf und Weidetieren!
Sachverständige haben in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages die zukünftige Entwicklung des Waldes und die aktuelle Lage in der Forstwirtschaft als kritisch beurteilt. Ausschussvorsitzender Alois Gerig (CDU/CSU) stellte eingangs fest, dass die Situation des Waldes derzeit in einem besonderen Fokus stehe, unterstreiche auch die Vielzahl von Anträgen, die am Montag, 11. November 2019, von gleich fünf Fraktionen zur Anhörung vorgelegt wurden.
Der Geschäftsführer des Forum Natur Brandenburg, Gregor Beyer, der als Einzelsachverständige geladen war, konstatierte einen Wechsel von der geregelten Forstwirtschaft hin zu einem ausschließlichen „Reperaturbetrieb“. Das Schadholzvolumen dieses und des letzten Jahres entspreche der durchschnittlichen normalen Nutzungsmenge der vergangenen Jahre. Das bedeute, dass zurzeit oder in naher Zukunft nicht die Waldbesitzer oder die Forstwirtschaft die Handlungsspielräume bestimmen würden, sondern das Wetter.
Beyer kritisierte, dass eine Reihe der zur Anhörung vorgelegten Anträge diesen ohnehin schon eingeschränkten Handlungsrahmen der direkt betroffenen Waldbesitzer durch zu viele Vorschriften und kleinteilige Anleitungen weiter einschränken würde. Stattdessen brauche es Freiheit zum Handeln, die möglichst vielfältige Optionen zulasse.
Die Ausführungen des Forum Natur Brandenburg wurden dem Ausschuss auch in einer Schriftlichen Stellungnahme vorgelegt. Diese regt als direkte Handlungsoptionen folgende Handlungsvorschläge an:
Bundesprogramm Wiederbewaldung und Klimafolgenfonds
Es bedarf einer Kompensation von Verlusten durch Schadholz und die Räumung der Schäden. Dazu bedarf es eines schnellen und unbürokrati-schen Bundesprogramms zur Wiederbewaldung. Nach ersten Schätzungen bedarf es dazu eines finanziellen Einsatzes von rund 700 Millionen Euro, die aus den Mitteln des Energie- und Klimafonds erfolgen sollten. Diese Mittel müssen verbindlich im Haushaltsplan 2020 zweckgebunden eingestellt werden. Ferner ist ein Klimafolgenfonds zur künftigen Finanzierung vergleichbarer Ereignisse anzuraten.
Ökosystemare Mehrwerte in betriebliche Mehrwerte transferieren
Die CO2-Bepreisung muss zukünftig eine Honorierung der „Ökosystemleistung „CO2-Speicherung“, differenziert nach Zuwachs und Hiebsatz, beinhalten. Ein Berechnungsmodell auf Basis der Forsteinrichtung muss von den Ministerien in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft entwickelt werden. Ein Entwurf des „Wissenschaftlichen Beirates für Waldpolitik“ liegt bereits vor. Die Mittel müssen den bewirtschafteten und aktiv gemanagten Flächen zufließen. Denn eine nachhaltige stoffliche Holzverwendung ist ange-wandter Klimaschutz. Nicht zuletzt aufgrund der Substitutionswirkung beim Ersatz klimaschädlicher Produkte bieten nachwachsende Rohstoffe einen erheblichen Mehrwert für die CO2-Festlegung gegenüber einem Nutzungsverzicht. Weitere Ökosystemleistungen müssen in dieses Sys-tem integriert werden. Die Mittel zur Finanzierung dieser Leistung sollten aus der CO2-Abgabe eingeworben werden.
Waldmehrung durch Ausgleich von Waldverlust
Der Flächenverbrauch in der Bundesrepublik ist nach wie vor mit gegen-wärtig 100 ha pro Tag nicht gestoppt. Dieser Umstand steht im erhebli-chen Widerspruch zu den klimapolitischen Zielen und muss zukünftig dringend kompensiert werden. Maximalen Nutzen kann man nur durch Waldmehrung als Ausgleich des Flächenverlustes erreichen. Dabei sollte jährlich ein bundesweites Erstaufforstungsziel von 11.000 Hektar sowie die Vereinfachung der komplexen Genehmigungsverfahren realisiert werden. Dieser Ansatz würde einen Flächenverbrauch von 30 Hektar pro Tag garantieren, die Klimapotenziale des Waldes ausschöpfen und zur Sicherung der Rohstoffverfügbarkeit von Holz für mehrere Generationen beitragen. Damit bestehende landwirtschaftliche Flächen weiterhin zur Produktion von Lebensmitteln genutzt werden können, müssen zur Waldmehrung insbesondere Konversionsflächen genutzt werden. Zu Finanzierung der Erstaufforstung von jährlich 11.000 Hektar sind mindestens 65 Millionen Euro zu veranschlagen, die zweckgebunden im Haushaltsplan 2020 – 2023 und folgende einzustellen sind.
Am 26. Mai dieses Jahrs sind die Bürgerinnen
und Bürger auch in Deutschland aufgerufen, zum
neunten Mal in Form einer Direktwahl die Abgeordneten des europäischen Parlaments zu bestimmen. Eigentlich sollte es für jeden Wahlberechtigten eine Selbstverständlichkeit sein,
sich an dieser Wahl zu beteiligen. Denn in der Tat ist zutreffend, worauf in
mancherlei Publikationen zu diesem Datum sehr zu Recht hingewiesen wird.
Niemals zuvor hat eine staatliche Organisationsform daran mitgewirkt, dass
annähernd ein gesamter Kontinent so umfänglich und lange in Frieden existieren
konnte. Diese mittlerweile 70-jährige Friedenszeit, die gemessen an den
historischen Erfahrungen vergangener Jahrhunderte alles andere als
selbstverständlich ist, ist nicht zuletzt auch der staatlich und administrativ
organisierten Europäischen Union zu verdanken.
Man mag darüber philosophieren, ob wir diese Friedensperiode
mittlerweile nicht als viel zu selbstverständlich hinnehmen. Tatsache ist es
aber eben auch, dass die Menschen dieses Europa nicht nur an dieser
Friedenszeit messen, sondern vor allem an ihren alltäglichen Erfahrungen mit
der Europäischen Union. Hört man in das Land hinein, so fällt immer stärker und
überdeutlich auf, dass nicht nur die Landnutzer, aber eben insbesondere auch
diese, mit diesem Europa hadern. Ursächlich dafür ist das Empfinden, dass
diejenige, die die reichhaltige europäische Kulturlandschaft bewahren bzw. erst
geschaffen haben, immer stärker zu Gästen im eigenen Haus werden. Abgesehen von
den großen Fragen des Schutzgebietssystems „Natura 2000“, ist es vor allem der
Umgang mit einzelnen Arten, die einen immer größeren Einfluss auf die Möglichkeiten
der Landnutzung erlangen, und die für diese Skepsis sorgen. Wollte man dies
exemplarisch verdeutlichen, so sind die Fischer und Angler des Landes
insbesondere von einer Tierart betroffen, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Fischerei, insbesondere der europäischen Binnenfischerei, maßgeblich infrage
stellt.
Umso hoffnungsfroher waren die betroffenen Betriebe
gestimmt, als das Europäische Parlament am 12. Juli des vergangenen Jahres
einen Antrag beschloss, der den für europäische Papiere typisch sperrigen Namen
„Entwicklung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen europäischen
Aquakulturbranche“ trägt. Auch wenn der 23-seitige Beschlusstext selbst für
interessierte und geneigte Leser nicht ganz einfach zu erfassen ist, zudem über
weite Teile einer nicht enden wollenden Aufzählungen gleicht und in einer
unendlichen Darlegung von Erwägungen gipfelt, so beinhaltet er doch einige
recht erstaunliche und überaus konkrete Festlegungen. Diese gipfeln im Punkt 91
schließlich in einer klaren Aufforderung an die Kommission, „gemeinsam mit den
Mitgliedstaaten Maßnahmen zu ergreifen, die die Kormoranbestände mit allen
Mitteln drastisch auf ein derartiges Maß reduzieren, das einerseits die
Bestandserhaltung der Kormorane gewährleistet und andererseits keine Bedrohung
für andere Arten entstehen lässt und Schäden in den betroffenen Aquakulturen
abwendet“. Deutlicher kann man einen Parlamentsbeschluss als Auftrag an eine
vollziehende Regierung eigentlich nicht fassen! Und dennoch, nach mittlerweile
über einem halben Jahr muss man ernüchtert auf die Frage, was denn nun konkret
passiert ist, feststellen: Nichts!
Weiterhin werden geschützte Arten in Europa und insbesondere in Deutschland um ihres Schutzes willen geschützt und nicht etwa deshalb, weil sie als gefährdet anzusehen wären. Und unabhängig vom Kormoran trifft diese Feststellung auf eine Reihe von für die Kulturlandschaft bedeutenden Arten zu, wie beispielsweise den Biber oder in der jüngsten Diskussion insbesondere auch den Wolf. Dass Europa mittlerweile einen solch großen Frust auslöst und sich viele Landnutzer fragen, inwieweit eine Beteiligung an einer Europawahl als sinnvoll erscheint, hängt mit dieser vielfach zu beobachtenden Form des organisierten Staatsversagens zusammen. Dass dies so ist, hat viel mit der Art und Weise zu tun, wie wir dieses Europa aufgebaut haben, gleichfalls aber auch mit der Umsetzung des europäischen Rechts in die nationale Gesetzgebung und mit dem Umstand, dass zwischenzeitlich auch im eigenen Land das Verhältnis von Parlament und Verwaltung immer weniger dem Anspruch an eine gelebte Gewaltenteilung genügt. Realistischerweise muss man feststellen, dass genauso, wie das europäische Parlament im eigentlichen Sinne kein Souverän mit direktem Durchgriffsrecht auf die Verwaltung ist, wir es auch in der Bundesrepublik wie in den Ländern zugelassen haben, dass die Parlamente immer stärker entmachtet werden.
Dies führte schlussendlich dazu, dass auf allen Ebenen
Bürokraten den Ton angeben, die oftmals jegliche Verbindung zur Realität
verloren haben. Jener genannte Beschluss zur europäischen Aquakultur bringt es
selbst auf den Punkten, wenn unter Aufzählung 32 auf die „bewährten Verfahren
in der Branche und die Beispiele guter Zusammenarbeit auf der Grundlage von
freiwilligen Abkommen“ abgehoben wird. Gerade erst versuchen wir zum ersten Mal
überhaupt im Land Brandenburg, dass ein FFH-Gebiet auf dem Wege einer
freiwilligen Vereinbarung mit betroffenen Eigentümern umgesetzt wird. Man fragt
sich, in welchem geistigen Zustand sich ein Parlament befindet und in welchem
Europa es eigentlich lebt, wenn es zu einer solchen weltfremden Feststellung
kommt. Und alles dies wird noch dadurch verschärft, dass unsere
Naturschutzabteilungen der Ministerien oftmals zu reinen Propagandaabteilungen
der sogenannten Naturschutzverbände verkommen sind, die mit dem Instrument des
Verbandsklagerechts den Staat zum erpressbaren Vollstrecker demokratisch nicht
legitimierter Ziele gemacht haben.
Wenn man sich das Europa der heutigen Tage anschaut, so
kommt einem gelegentlich die amerikanische Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli
1776 in den Sinn. Darin heben die dreizehn Unterzeichnerstaaten auf die
vielfachen Missstände einer übergeordneten Willkürherrschaft ab. So schreiben
sie, „er (der englische König) hat eine große Zahl neuer Ämter eingerichtet und
eine Menge von Beamten gesandt, um unser Volk zu drangsalieren und um von ihm
zu leben“. Man kann fast den Eindruck gewinnen, hier schreibt jemand über die
heutige EU, während es momentan die Engländer sind, die sich emanzipieren. Und
bezeichnenderweise kommt die Unabhängigkeitserklärung schließlich zu dem
Schluss, dass „ein Fürst, dessen Charakter durch jene Handlung in solcher Weise
gekennzeichnet ist, als Tyrann bezeichnet werden kann und als Herrscher über
ein freies Volk ungeeignet ist“. Ja, man kommt nicht ganz umhin, Parallelen
zwischen der damaligen Bestrebung nach Unabhängigkeit in einem anderen Teil
dieser Welt und der heutigen EU zu sehen, die von vielen Menschen, allen voran
im ländlichen Raum, immer mehr als ein Instrument der Willkürherrschaft
verstanden wird.
Dennoch, es ist unser Europa und bei Licht betrachtet wird
es mehr gebraucht denn je. Man fragt sich, wie wir uns die verlorene Idee von
unserem Europa zurückholen. Es war gedacht als ein Europa, das den Frieden in
den Regionen garantiert, ohne diese Regionen zu bevormunden. Alfred Andersch
lässt seinen zweifelnden Pfarrer Helander in „Sansibar oder der letzte Grund“
feststellen, dass ein Gott, der den Seien nicht beisteht, gezüchtigt werden
muss! Vielleicht müssen wir tatsächlich ein stückweit zurück zu diesem alten
Schamanenglaube, an die Anfänge, dahin, wo es um den Frieden und nicht um die
Interessen ging. Allerdings hatte jener Helander auch sehr zu Recht erkannt,
dass das „Reich auf keinen Fall den anderen überlassen werden darf“, jenen, die
den Zweifel missbrauchen und den Frieden missachten! Vielleicht müssen wir es
tatsächlich ein klein wenig züchtigen, weil wir es lieben – unser altes Europa!
Kaum ein Thema bestimmt die Debatte zwischen Landnutzung und
Naturschutz gegenwärtig so sehr, wie die flächendeckende Rückkehr des Wolfes in
die deutsche Kulturlandschaft. Dabei ist der Wolf, genau genommen, nur die
Versinnbildlichung einer ganzen Reihe von einstmals gefährdeten Tierarten,
angefangen vom Biber bis zum Kormoran, die die Frage nach der Art und Weise wie
wir mit ihnen – praktisch wie rechtlich – umgehen, neu stellen.
Bezüglich des Wolfes wird diese Beurteilung nicht zuletzt
dadurch erschwert, dass sich seine Bestandsentwicklung in den Bundesländern
gegenwärtig höchst unterschiedlich vollzieht. Während die Menschen in den östlichen Ländern
in der Vergangenheit immer wieder praktisch mit dem Thema konfrontiert waren,
ist der Wolf insbesondere in den westlichen Ländern nur noch Gegenstand von
Märchen gewesen. So wurden die Wölfe in den neuen Bundesländern noch
bis zum 1.4.1992 unter dem bis dahin gültigen Jagdrecht der ehemaligen DDR konsequent
gejagt, während beispielsweise die letzte praktische Befassung in
Rheinland-Pfalz aus dem vergangenen Jahrhundert stammt, als mehrere dieser
Tiere aus einem Wildtiergehege in Rheinböllen ausgebrochen waren. Gleiches gilt
für die gegenwärtige Bestandsentwicklung. Während es in Rheinland-Pfalz erste
Einzeltiere ohne nachgewiesene Reproduktion gibt, hat sich in Brandenburg
bereits ein stabiler Wolfsbestand etabliert, der deutlich über der Gesamtanzahl
denjenigen Individuen liegt, die im rund elf Mal größeren Finnland leben.
Sicher ist in diesem Kontext auch, dass es durch das Auflassen einer geregelten
Bejagung der Wölfe über kurz oder lang zu einer annähernd flächendeckenden
Wiederbesiedlung Deutschlands mit einer Tierart kommen wird, die im
europäischen Maßstab betrachtet weder gefährdet noch besonders selten ist.
Dabei sind die Erfahrung aus jenen Bundesländern,
insbesondere Brandenburg, Sachsen und Niedersachsen, die mittlerweile annähernd
stabile Wolfsbestände aufgebaut haben, überaus eindeutig. Weder trifft das über
Jahre verbreitete Märchen zu, wonach Wölfe scheue Tiere seien und man diese
annähernd nie zu Gesicht bekäme, noch ist es richtig, dass Wölfe sich bei ihrer
Nahrungswahl vor allem auf heimisches Schalenwild und in seltenen Fällen auf
Schafe beschränken würden. Solange der Wolf keiner geregelten Bejagung
unterzogen wird ist er genau genommen ein Kulturfolger, der den Menschen nicht
fürchten muss und seine ideale – weil leicht erreichbare -Nahrungsverfügbarkeit
insbesondere in der dicht besiedelten Kulturlandschaft findet. So weisen die
Rissstatistiken der Länder mittlerweile eine Betroffenheit von den
Schafhaltern, über die Rinderhalter bis hin zu den Pferden auf. Ferner ist der Verlust
von Jagd- und Haushunden und auch die zumindest als kritisch einzustufende
Begegnung mit den Menschen in den östlichen Bundesländern bei weitem keine
Seltenheit mehr.
Alles dies macht mit fortschreitender Entwicklung das
konsequente Eingreifen in den Wolfsbestand unumgänglich. Dies fängt mit der
bereits heute möglichen Entnahme von Einzeltieren auf Basis der
Naturschutzgesetzgebung (insb. § 45 BNatSchG) in Bezug auf sogenannte
verhaltensauffällige Wölfe an. Dabei zeigt sich bereits bei der in den „Wolfsbundesländern“
überaus relevanten Frage, wie mit im Straßenverkehr schwerstverletzten Wölfen
umzugehen ist, dass die rechtssichere Anwendung eigentlich auch unter
Tierschutzgesichtspunkten selbstverständlicher Entscheidungen nur innerhalb
einer rechtlichen Grauzone möglich ist. Noch problematischer wird es, wenn die
immer drängendere Frage beantwortet werden muss, wie man einen jährlich mit rund
30 % zuwachsenden Wolfsbestand begrenzen kann. Da der Wolf momentan für
Deutschland in den Anhang 4 der FFH-Richtline eingestuft ist, scheidet eine
reguläre Bejagung innerhalb des deutschen Reviersystems auch formalrechtlich
aus. Zudem ist politisch und zeitlich unklar, wann und ob eine einstimmige
Mehrheit des Rates auf Vorschlag der EU-Kommission für eine Umstufung zustande
kommen wird. Unstrittig ist zumindest in den östlichen Bundesländern, dass der
Wolfsbestand eine Höhe erreicht hat, mit der wir an der Schwelle zur
Notwendigkeit für ein „aktives Bestandsmanagement“ angekommen sind. Dies umso
mehr, als sich zwischenzeitlich die Erkenntnis durchsetzt, dass die dort
lebenden Wölfe der „baltisch-osteuropäischen Wolfspopulation“ angehören, die
sich mit über 8.000 Individuen im „günstigen Erhaltungszustand“ befindet. Somit
ist formalrechtlich die Voraussetzung für ein Vorgehen auch in Deutschland
gegeben, das in den skandinavischen Ländern bereits seit vielen Jahren unter
dem Begriff der „Schutzjagd“ Anwendung findet. Wie ein solcher Schutzjagdansatz
unter Verknüpfung von Naturschutz- und Jagdrecht hierzulande aussehen könnte,
hat das „Aktionsbündnis Forum Natur“ erst kürzlich umfangreich im praktischen
wie rechtlichen Kontext dargelegt.
Aus allen Erfahrungen mit dem Wolf und allen Überlegungen,
wie wir zukünftig mit ihm umgehen, wird immer wieder deutlich, dass es einer
flächendeckend vorhandenen Organisationsstruktur von geschulten Fachleuten
bedarf, die die notwendigen Eingriffe bei einzelnen verhaltensauffälligen Tieren
und zukünftig im praktischen Bestandsmanagement leisten können. Und egal wie
man es am Ende des Tages mit allerlei teils ideologischen Verrenkungen dreht
und wendet, es gibt nur eine einzige gesellschaftliche Gruppe, die diese
Voraussetzungen erfüllt: Die Jäger!
Deshalb muss die Frage, ob der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden soll, mit einem glasklaren und unmissverständlichen Ja beantwortet werden! Soll die Akzeptanz für den Wolf bei flächendeckender Besiedlung langfristig gesichert werden, so bedarf es eines bewährten und geregelten Systems, das mit dem deutschen Reviersystem bereits vorhanden ist. Die Jägerschaft ist zudem überaus gut beraten, sich diesem Thema offensiv und ohne jegliche Scheuklappen zu stellen. Dabei muss auch die Erfahrung aus vielen Nachbarländern berücksichtigt werden, dass die essentielle Voraussetzung für den Schutz der Wölfe die Akzeptanz in der Bevölkerung ist. Wenn diese Akzeptanz verloren geht, dann wird keine Macht der Welt den Wolf schützen können. Die Jäger sind daher auch aus Gründen ihres Selbstverständnisses und ihrer jagdlichen Ethik als Naturschützer aufgerufen deutlich zu machen: Der Wolf ist Wild – in Zuständigkeit wie Verantwortung!
Beyer: „Es hätte viel einfacher sein können! Zum Ende können wir festhalten, dass sich ein langer Weg zusammen mit unseren Anglern gelohnt hat!“
Vor rund einem Jahr hatte der Landtag nach einem zweijährigen Verfahren die dritte Novelle des Brandenburgischen Wassergesetzes verabschiedet. Als eine der vielen Neuregelungen wurde das Umweltministerium vom Gesetzgeber verpflichtet, eine Verordnungen auf den Weg zu bringen, die insbesondere für unsere Angler von besonderem Interesse ist. Nun hat der Minister die „Brandenburgische Elektro-Motorboot-Verordnung (BbgEMVO)“ in Kraft gesetzt. Mit der Verordnung ist zukünftig das Befahren von Seen erlaubt, die bisher aufgrund wasserrechtlicher Vorgaben nicht mit Motorkraft befahren werden durften: „Brandenburg, das Land der tausend Seen, bietet Anglern, Naturliebhabern und Wassersportlern umfassende Möglichkeiten der Erholung und aktiver Freizeitgestaltung. Diese Möglichkeiten können in der nächsten Saison auch Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, unbeschwerter genießen“, so Minister Vogelsänger.
Damit ist ein besonders vom Forum Natur und dem Landesanglerverband verfolgtes Anliegen landesweit geregelt. Insbesondere mit Blick auf die älteren Verbandsmitglieder wird dem Wunsch nach erweiterten Möglichkeiten für das Fahren mit Elektrobooten Rechnung getragen. Hierzu gab es im Wassergesetz eine Verordnungsermächtigung, um das Befahren von nichtschiffbaren Gewässern mit elektrobetriebenen Motorbooten zu regeln. Dadurch entfällt die Notwendigkeit von Einzelgenehmigungen durch die Wasserbehörde und stehende Gewässer dürfen von jedermann mit Elektro-Motorbooten mit einer Motorleistung bis zu einem Kilowatt befahren werden.
Auch wenn das Vorhaben deutlich einfacher auf direktem gesetzlichen Wege hätte erreicht werden können und zudem die konkrete Umsetzung der Verordnung durch die Unteren Wasserbehörden abzuwarten sei, so sei das jetzige Ergebnis sehr zu begrüßen. „Wir freuen uns zusammen mit unseren Anglern, dass sich ein sehr langer gemeinsamer Weg nun gelohnt hat und endlich Elektromotoren auch in der Angelfischerei eingesetzt werden können“, so Gregor Beyer. Es habe sich wiedereinmal gezeigt, dass man nur zusammen stark sei und gehe nun um so optimistischer in die neue Angelsaison im kommenden Jahr.
Unter dem Titel „Heimat für Biber, Wolf und Kormoran? Naturschutz und Landwirtschaft in Brandenburg“ hatte die Europaabgeordnete Susanne Melior (SPD) zu einer Veranstaltung am 12. Oktober in die Heimvolkshochschule am Seddiner See eingeladen. Der nahezu voll besetzte Tagungssaal zeigte, wie groß das Interesse an der Thematik ist. So ging es in der Podiumsdiskussion dann auch munter zur Sache.
Ebenfalls im Saal saß Ulrich Böcker, Geschäftsführer der Familienbetriebe Land & Forst Brandenburg und Mitglied im Geschäftsführerkollegium des „Forum Natur Brandenburg“. Er schrieb Susanne Melior im Anschluss einen Brief, in dem er seine Sicht der Dinge rund um das Thema Natura 2000 und FFH-Management zusammenfasst. Auszüge seines Briefes sind mit freundlicher Genehmigung des Verfassers im aktuellen Heft „DER MÄRKISCHE FISCHER“, Ausgabe 66 | Januar bis März 2018, veröffentlicht. Gerne geben wir die hochinteressanten Ausführungen hier wieder:
Sehr geehrte Frau Melior,
vielen Dank für die heutige – anregende − Veranstaltung zu Biber, Wolf und Kormoran in Neuseddin.
FFH- und „Vogelschutz“-Richtlinie entwickeln zunehmend Sprengkraft. Sie haben sich in Deutschland auf Bundes- wie Landesebene längst zu einem – zumindest gefühlt – kaum noch beherrschbaren Moloch entwickelt. Darunter leidet vor allem der ländliche Raum, und zwar massiv.
Gutachtenaufträge von zumeist in der entsprechenden Szene selbstverständlich gut verdrahteten Mitarbeitern in Regierung und Verwaltung halten eine ganze Industrie von Öko-Büros am Leben, deren Daseinszweck vor allem in der Abfassung von sog. „Managementplänen“ besteht (die sich als zunehmend nutzlose, für die Betroffenen gleichwohl gefährliche Papierberge erweisen). Eigens rekrutierte „Biber- oder Wolfsbeauftragte“ gehören in dieselbe Kategorie.
Mit dem „Monitoring“, der „Rissbegutachtung“ oder der genetischen Analyse von Spuren wie Kadavern lassen sich ganz neue Forschungszweige bzw. Fördertöpfe eröffnen und lässt sich vor allem trefflich Geld verdienen. Von Sekundärmärkten für z.B. technisches Gerät bis hin zum Verkauf von Wolfsdevotionalien ein Selbstbedienungsladen ersten Ranges. Dass dieses wahrlich florierende perpetuum mobile, koste es, was es wolle, unter allen Umständen am Laufen gehalten werden muss, versteht sich von selbst. Die einschlägige NGO-Szene einschließlich nachgelagerter „Produktionszweige“ stößt sich daran finanziell gesund – und zwar auf Kosten des ländlichen Raumes.
Vor allem aber behalten bestimmte Kreise durch die Lenkung wie Monopolisierung des Themas und seine rechtliche Flankierung die Deutungshoheit über das FFH-Geschehen im Lande. Mit der FFH-Richtlinie wird die Machtfrage im ländlichen Raum neu gestellt. Denn eigentlich kann Land-, Forst- oder Fischereiwirt auf seinen Flächen im Rahmen des geltenden Rechts machen, was er will. Wenn seine Rechte, insbesondere solche nach Art. 14 GG (Eigentum), eingeschränkt werden, dann bedarf es dazu demokratisch legitimierter Gesetzesakte.
Im Falle der FFH-Richtlinie liegt der Fall dagegen anders: Die Richtlinie definiert qua Einstufung z. B. von Biber, Wolf und Kormoran total geschützte, mithin sakrosankte Arten. Wo auch immer diese aufkreuzen (und sie tun das – jedenfalls bislang – nicht in den Städten, sondern nur außerhalb im ländlichen Raum), verliert der Eigentümer jegliches Abwehrrecht. Er muss buchstäblich tatenlos zusehen, wie seine Fische massakriert, seine Schafe, Rinder oder Pferde gerissen, seine Flächen unter Wasser gesetzt oder seine Deiche geschwächt werden. Es ist absolut absehbar, dass es nicht bei Sachschäden bleibt, sondern irgendwann in der näheren oder ferneren Zukunft auch Menschen zu Schaden kommen.
Die Folgen des Verlustes individueller Freiheit selbst bei nur gefühlten Bedrohungsszenarien durch frei laufende Großraubtiere für die Menschen im ländlichen Raum lassen wir hier einmal außer Betracht. Fakt ist: Ohne jede demokratische Legitimation entscheiden angebliche oder wirkliche naturschutzfachliche Experten, wann der Zustrom selbst längst zur Plage gewordenen Arten ein Maß erreicht hat, das Eingriffe erfordert oder zumindest zulässt.
Dabei ist das auch heute wieder gehörte Mantra, dass allein naturschutzfachliche Gesichtspunkte über den Erhaltungszustand einer Art entscheiden, so irreführend wie falsch. Denn die (oftmals leider nur selbsternannten) „Experten“ entscheiden tatsächlich wie die sprichwörtlichen Fachidioten. Sie operieren mit Populationsgrößen, die sie bestimmten Flächeninhalten zuordnen. Bei dem Jonglieren mit Flächenvorgaben und Ausbreitungskoeffizienten werden politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche, vor allem aber landschaftskulturelle Gegebenheiten explizit ausgeblendet.
Naturschutzfachlich möglicherweise sogar höchst qualifiziert, in der Sache aber absolut ignorant, nehmen die „Experten“ bei dieser Operation der Politik die Zügel vollständig aus der Hand. Und dann grassiert eben der ungehemmte Ausbreitungswahn. So selbstverständlich es ist, dass Wölfe auf dem Potsdamer Alten Markt aus Gründen fehlender öffentlicher Akzeptanz nichts verloren haben, eben weil dies politisch so gewollt ist, so ist es Aufgabe der Politik, Regionen, Bereiche oder Orte zu definieren, wo Wölfe geduldet werden können und wo nicht.
Denn das führt zu den schon jetzt unhaltbaren Zuständen: Wenn die total geschützte Art einen Schaden anrichtet, dann liegt es, so die zynische Argumentation, natürlich nicht am Biber-, Wolf- oder Kormoran-typischen Verhalten, sondern – und zwar ausschließlich – an fehlerhaften bzw. mangelnden Schutzmaßnahmen auf Seiten der Geschädigten. Die mit dieser eigentlich bodenlos unverfrorenen Argumentation einhergehende Aufrüstungsspirale verschlingt öffentliche wie private Ressourcen in einem Umfang, der schon heute abenteuerlich ist. Ganz abgesehen davon, dass die Verhältnisse in Deutschland sich regional schlicht nicht eignen, um z. B. flächendeckend meterhohe und unter elektrische Spannung gesetzte Zäune zu errichten – von der Verunstaltung der Landschaft einmal ganz abgesehen.
Der Verweis der Geschädigten auf finanziellen Schadensersatz ist dabei kein wirklicher Ausgleich, sondern eben nur „Ersatz“. Was monetär ersetzt wird, ist, wie jedermann weiß, nicht das, was der Geschädigte zuvor an dem geschädigten Gegenstand hatte. Schafe, Kälber oder Pferde sind für ihre Besitzer eben nicht nur pekuniäre Größen, die sich mit ein paar Euro ersetzen lassen. Es macht die Menschen im ländlichen Raum wütend und aggressiv, wenn sie sich derartige Parolen anhören müssen. Es geht schließlich um ihre persönliche Sicherheit, ihre Tiere, ihr Hab und Gut, es geht um ihre Heimat.
Wolf, Biber und Kormoran werden vor den Toren der Stadt deshalb längst als – dringend abzuwehrende – Einmischung Dritter in den eigenen Rechtskreis wahrgenommen. Nicht mehr Herr im eigenen Haus sein zu können, sondern sich Maßregelung, Gängelung und Schaden in einem Ausmaß gefallen lassen zu müssen, „nur“ um – fehlverstandenem – europäischem Artenschutz Rechnung zu tragen, führt zu den heute auch von anderen Diskutanten weithin beklagten Ohnmachtsgefühlen.
Der Eindruck, einer von bestimmten Interessengruppen ohne die erforderliche politische Kontrolle vorangetriebenen Entwicklung letztlich schutzlos ausgeliefert zu sein, ist mutmaßlich die stärkste Triebfeder für die landauf landab zu beobachtende Entwicklung, sich zu widersetzen, jedenfalls aber dem grassierenden Treiben keinesfalls länger tatenlos zuzusehen. Was das Maß vollmacht, ist schließlich die schlechthin unerträgliche Arroganz, mit der den Menschen im ländlichen Raum aus den städtischen Wärmestuben heraus vermittelt wird, was sie zu ertragen haben und was nicht.
Daran sollten Sie etwas ändern. Dann hätten Sie tatsächlich etwas gekonnt. Nicht nur für die Heimat von Biber, Wolf und Kormoran, sondern vor allem für die Heimat der Menschen in diesem Lande.
Mit freundlichen Grüßen!
Ulrich Böcker Geschäftsführer der Familienbetriebe Land & Forst Brandenburg