Wellershoff: „Wir wollen nicht auf ein Gesetz warten, welches den Anforderungen der Landnutzer nicht genügt, sondern gehen in die Offensive und unterbreiten der Gesellschaft ein Angebot!“
Weber: „Die aktuellen Herausforderungen in der Kulturlandschaft sind ohne jagdliches Management nicht zu meistern. Dabei gilt es zusammenzuarbeiten und die Gesellschaft in den Dialog mit einzubeziehen!“
Wendorff: „Jagd ist von je her Dialog in der Kulturlandschaft – wir rufen die Politik dazu auf, bei der Novelle des Jagdgesetzes auf die Expertise derer zu setzen, die diesen Dialog seit je her leben!
Die Verbände des ländlichen Raums haben heute einen umfassenden Vorschlag für die Novelle des brandenburgischen Jagdgesetzes vorgelegt. Anlass dafür ist die Festlegung im Koalitionsvertrag der Landesregierung, dass das Gesetz umfassend überarbeitet werden soll. „Wir schlagen daher einen offensiven Weg ein und unterbreiten der Landespolitik einen umfassenden Vorschlag, der mit Augenmaß den praktischen Bedarf für die Überarbeitung in den Fokus nimmt und sich dabei der Herausforderung stellt, die Jagd unter den gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu justieren“, so Dr. Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes und Vorstand im Forum Natur. Der Novellierungsvorschlag beinhalte daher für annähernd alle Regelungsgegenstände des Gesetzes Vorschläge, gehe aber nicht den Weg, durch ein sogenanntes Vollgesetz quasi alles, so auch das Bewährte, infrage zu stellen.
So hätten im Rahmen der Vorschläge insbesondere auch Fragen der Betroffenheit der Grundeigentümer und der Landnutzer im Fokus gestanden. „Mit der neuen Möglichkeit der Bildung von Jagdbezirken durch Forstbetriebsgemeinschaften, der Neuregelung der Abschussplanung inklusive einem landesweiten System zur Aufnahme des Wildeinflusses auf die Vegetation und den Möglichkeiten einer Wildschadensgeneralklausel stehen gute Vorschläge im Raum, die das Jagdrecht als Bestandteil des Eigentumsrechts stärken“, so Thomas Weber, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes und Vorstand im Forum Natur. Damit dieses jedoch auch in der Praxis gelingen könne, läge ein weiterer Schwerpunkt auf Vorschlägen zum praktikablen Handlungsrahmen für die Jägerschaft, die ihr Handwerk zukünftig stärker zielorientiert ausüben muss. Daher seien auch viele Detailfragen, wie beispielsweise der Einsatz von Jagdhunden, die Schaffung der Institution eines Stadtjägers und die Frage der Entbürokratisierung bei der Abschussplanung, in den Katalog der Vorschläge eingeflossen.
„Jagdlicher Erfolg ist vom Dialog verschiedener Partner abhängig, weshalb die Landnutzer bei der Vermeidung von Wildschäden mitwirken müssen“, so auch Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes und Vorstand im Forum Natur. Erstmalig solle daher auch Mitwirkung an der Wildschadensvermeidung, die Duldung von jagdlichen Ansitzeinrichtungen und die Anlage von Schussschneisen im Gesetz geregelt werden. Dabei gelte es sich im Rahmen der Wildschadensfrage auch völlig neuen Herausforderung zu stellen, so unter anderem bezüglich neu oder verstärkt auftretender Wildarten wie dem Elch, für die zukünftig ein Schadensausgleich aus der Staatskasse vorgesehen werden müsse.
„Jagd ist angewandter Naturschutz, Kulturlandschaftsschutz und essenzielle Voraussetzung für die Erreichung der Ziele der Flächeneigentümer. Die brandenburgische Kulturlandschaft ist ohne jagdliches Management nicht denkbar, weshalb die Novelle sich dem Anspruch stellen muss, die Jagd unter dem heute gängigen Begriff des Wildtiermanagements zu justieren“, so abschließend Dirk Wellershoff. Man verstehe den Vorschlag daher insbesondere als Appell an den politischen Raum. Die Novelle müsse das Ziel verfolgen, dass sowohl die Jägerinnen und Jäger als auch weite Teile der Gesellschaft das neue Jagdgesetz als ihr Gesetz anerkennen und zukünftig mit Motivation und Freude nach ihm verfahren.
Kaum ein Thema bestimmt die Debatte zwischen Landnutzung und
Naturschutz gegenwärtig so sehr, wie die flächendeckende Rückkehr des Wolfes in
die deutsche Kulturlandschaft. Dabei ist der Wolf, genau genommen, nur die
Versinnbildlichung einer ganzen Reihe von einstmals gefährdeten Tierarten,
angefangen vom Biber bis zum Kormoran, die die Frage nach der Art und Weise wie
wir mit ihnen – praktisch wie rechtlich – umgehen, neu stellen.
Bezüglich des Wolfes wird diese Beurteilung nicht zuletzt
dadurch erschwert, dass sich seine Bestandsentwicklung in den Bundesländern
gegenwärtig höchst unterschiedlich vollzieht. Während die Menschen in den östlichen Ländern
in der Vergangenheit immer wieder praktisch mit dem Thema konfrontiert waren,
ist der Wolf insbesondere in den westlichen Ländern nur noch Gegenstand von
Märchen gewesen. So wurden die Wölfe in den neuen Bundesländern noch
bis zum 1.4.1992 unter dem bis dahin gültigen Jagdrecht der ehemaligen DDR konsequent
gejagt, während beispielsweise die letzte praktische Befassung in
Rheinland-Pfalz aus dem vergangenen Jahrhundert stammt, als mehrere dieser
Tiere aus einem Wildtiergehege in Rheinböllen ausgebrochen waren. Gleiches gilt
für die gegenwärtige Bestandsentwicklung. Während es in Rheinland-Pfalz erste
Einzeltiere ohne nachgewiesene Reproduktion gibt, hat sich in Brandenburg
bereits ein stabiler Wolfsbestand etabliert, der deutlich über der Gesamtanzahl
denjenigen Individuen liegt, die im rund elf Mal größeren Finnland leben.
Sicher ist in diesem Kontext auch, dass es durch das Auflassen einer geregelten
Bejagung der Wölfe über kurz oder lang zu einer annähernd flächendeckenden
Wiederbesiedlung Deutschlands mit einer Tierart kommen wird, die im
europäischen Maßstab betrachtet weder gefährdet noch besonders selten ist.
Dabei sind die Erfahrung aus jenen Bundesländern,
insbesondere Brandenburg, Sachsen und Niedersachsen, die mittlerweile annähernd
stabile Wolfsbestände aufgebaut haben, überaus eindeutig. Weder trifft das über
Jahre verbreitete Märchen zu, wonach Wölfe scheue Tiere seien und man diese
annähernd nie zu Gesicht bekäme, noch ist es richtig, dass Wölfe sich bei ihrer
Nahrungswahl vor allem auf heimisches Schalenwild und in seltenen Fällen auf
Schafe beschränken würden. Solange der Wolf keiner geregelten Bejagung
unterzogen wird ist er genau genommen ein Kulturfolger, der den Menschen nicht
fürchten muss und seine ideale – weil leicht erreichbare -Nahrungsverfügbarkeit
insbesondere in der dicht besiedelten Kulturlandschaft findet. So weisen die
Rissstatistiken der Länder mittlerweile eine Betroffenheit von den
Schafhaltern, über die Rinderhalter bis hin zu den Pferden auf. Ferner ist der Verlust
von Jagd- und Haushunden und auch die zumindest als kritisch einzustufende
Begegnung mit den Menschen in den östlichen Bundesländern bei weitem keine
Seltenheit mehr.
Alles dies macht mit fortschreitender Entwicklung das
konsequente Eingreifen in den Wolfsbestand unumgänglich. Dies fängt mit der
bereits heute möglichen Entnahme von Einzeltieren auf Basis der
Naturschutzgesetzgebung (insb. § 45 BNatSchG) in Bezug auf sogenannte
verhaltensauffällige Wölfe an. Dabei zeigt sich bereits bei der in den „Wolfsbundesländern“
überaus relevanten Frage, wie mit im Straßenverkehr schwerstverletzten Wölfen
umzugehen ist, dass die rechtssichere Anwendung eigentlich auch unter
Tierschutzgesichtspunkten selbstverständlicher Entscheidungen nur innerhalb
einer rechtlichen Grauzone möglich ist. Noch problematischer wird es, wenn die
immer drängendere Frage beantwortet werden muss, wie man einen jährlich mit rund
30 % zuwachsenden Wolfsbestand begrenzen kann. Da der Wolf momentan für
Deutschland in den Anhang 4 der FFH-Richtline eingestuft ist, scheidet eine
reguläre Bejagung innerhalb des deutschen Reviersystems auch formalrechtlich
aus. Zudem ist politisch und zeitlich unklar, wann und ob eine einstimmige
Mehrheit des Rates auf Vorschlag der EU-Kommission für eine Umstufung zustande
kommen wird. Unstrittig ist zumindest in den östlichen Bundesländern, dass der
Wolfsbestand eine Höhe erreicht hat, mit der wir an der Schwelle zur
Notwendigkeit für ein „aktives Bestandsmanagement“ angekommen sind. Dies umso
mehr, als sich zwischenzeitlich die Erkenntnis durchsetzt, dass die dort
lebenden Wölfe der „baltisch-osteuropäischen Wolfspopulation“ angehören, die
sich mit über 8.000 Individuen im „günstigen Erhaltungszustand“ befindet. Somit
ist formalrechtlich die Voraussetzung für ein Vorgehen auch in Deutschland
gegeben, das in den skandinavischen Ländern bereits seit vielen Jahren unter
dem Begriff der „Schutzjagd“ Anwendung findet. Wie ein solcher Schutzjagdansatz
unter Verknüpfung von Naturschutz- und Jagdrecht hierzulande aussehen könnte,
hat das „Aktionsbündnis Forum Natur“ erst kürzlich umfangreich im praktischen
wie rechtlichen Kontext dargelegt.
Aus allen Erfahrungen mit dem Wolf und allen Überlegungen,
wie wir zukünftig mit ihm umgehen, wird immer wieder deutlich, dass es einer
flächendeckend vorhandenen Organisationsstruktur von geschulten Fachleuten
bedarf, die die notwendigen Eingriffe bei einzelnen verhaltensauffälligen Tieren
und zukünftig im praktischen Bestandsmanagement leisten können. Und egal wie
man es am Ende des Tages mit allerlei teils ideologischen Verrenkungen dreht
und wendet, es gibt nur eine einzige gesellschaftliche Gruppe, die diese
Voraussetzungen erfüllt: Die Jäger!
Deshalb muss die Frage, ob der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden soll, mit einem glasklaren und unmissverständlichen Ja beantwortet werden! Soll die Akzeptanz für den Wolf bei flächendeckender Besiedlung langfristig gesichert werden, so bedarf es eines bewährten und geregelten Systems, das mit dem deutschen Reviersystem bereits vorhanden ist. Die Jägerschaft ist zudem überaus gut beraten, sich diesem Thema offensiv und ohne jegliche Scheuklappen zu stellen. Dabei muss auch die Erfahrung aus vielen Nachbarländern berücksichtigt werden, dass die essentielle Voraussetzung für den Schutz der Wölfe die Akzeptanz in der Bevölkerung ist. Wenn diese Akzeptanz verloren geht, dann wird keine Macht der Welt den Wolf schützen können. Die Jäger sind daher auch aus Gründen ihres Selbstverständnisses und ihrer jagdlichen Ethik als Naturschützer aufgerufen deutlich zu machen: Der Wolf ist Wild – in Zuständigkeit wie Verantwortung!