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Dialog zwischen Naturschutz und Landnutzung – Volksinitiativen mit klarem Auftrag an Parlament und Verwaltung

Dialog zwischen Naturschutz und Landnutzung – Volksinitiativen mit klarem Auftrag an Parlament und Verwaltung

Wendorff: „Mit deutlichem Vertrauensvorschuss für die Politik setzen Agrar- und Waldwirtschaft, Gewässer und Infrastruktur nun auf die verbindlichen Zusagen für einen neuen gemeinsamen Weg in der Kulturlandschaft!“

Weber: „Wir haben heute einen guten Tag in der Geschichte unseres Landes! Wir haben uns auf einen größtmöglichen Korridor zum Insekten- und Artenschutz verständigt. Dabei ist es auch gelungen, den Wald in den Fokus zu nehmen.

Potsdam • Im Februar 2020 hatten sich die beiden Volksinitiativen von Naturschützern und Landnutzern mit aktiver Unterstützung von Landtagsabgeordneten auf ein Dialogverfahren verständigt. Ziel beider Seiten war es, Regelungen für einen verbesserten Arten- und Insektenschutz bei Aus-gleich der sich draus ergebenden Belastungen für die Landwirte zu finden. Möglich war dieser Prozess auch durch die Zusage des parlamentarischen Raumes geworden, dass das Ergebnis im Fall einer erfolgreichen Verständigung dem Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Mit der heutigen Übergabe des Beschlusspapieres an die Landtagspräsidentin ist dies gelungen.

„Wir übergeben die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse an Politik und Verwaltung mit dem Vertrauensvorschuss, dass diese verlässlich beschlossen und umgesetzt werden“, betont Henrik Wendorff, Vorstand im Forum Natur und Vertreter der Volksinitiative „Mehr als nur ein Summen!“. Friedhelm Schmitz-Jersch, einer der drei Vertreter der Volksinitiative „Artenvielfalt retten – Zukunft sichern!“ freut sich: „Verbindliche Reglungen zum Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in Naturschutz- und FFH-Gebieten, kombiniert mit einem finanziellen Ausgleich für die Landwirte – das ist ein guter Tag für Brandenburg!“

Laut Vereinbarung sollen chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel in Naturschutzgebieten ab Januar 2023, in FFH-Gebieten, die nicht als Naturschutzgebiete geschützt sind, ab Januar 2028 verboten werden. Ebenso sind verbindliche Regelungen für Gewässerrandstreifen mit ganzjähriger Begrünung gefunden worden. Viele der vereinbarten Maßnahmen betreffen auch den Siedlungsraum, ebenso sind Regelungen für Fragen der Verpachtung landeseigener Flächen, zur Insektenforschung, zur Waldwirtschaft und zur Weidetierhaltung definiert worden. Das Gesamtpaket um-fasst mehrere Bestimmungen auf der Ebene eines Artikelgesetzes und insgesamt 12 parlamentarische Beschlussanträge. Die finanziellen Auswirkungen, die im Landeshaushalt und in den Förderprogrammen abzusichern sind, runden die Vereinbarung in einem gesonderten Hauptkapitel ab.

Die Vertreter beider Volksinitiativen bewerten das gesamte Verfahren, welches sich über fast ein Jahr in 11 Dialogrunden erstreckt hat, als genauso erfolgreich wie beispielgebend für politische Verständigungen dieser Art. Es ist ein bedeutsames und weitreichendes Ereignis, dass sich klassische Landnutzerverbände zusammen mit den Naturschutz- und Umweltverbände auf ein solches Ergebnis verständigen konnten, aus dem wichtige Impulse für den Arten- und Insektenschutz und für die Entwicklung der brandenburgischen Kulturlandschaft zu erwarten sind.

Thomas Weber, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes, erklärt: „Wir haben heute einen guten Tag in der Geschichte unseres Landes! Wir haben uns auf einen größtmöglichen Korridor zum Insekten- und Artenschutz verständigt. Dabei ist es auch gelungen, den Wald in den Fokus zu nehmen. Da viele Wälder in Schutzgebieten und FFH-Gebiete liegen, muss es auch dort Entschädigungsregelung für Waldeigentümer geben, wenn Pflanzenschutzmittel ausgeschlossen sind. Und natürlich gilt dies umso mehr, wenn es dort zu Bestandsauflösung oder gar zum Totalverlust von Waldflächen kommt. Von daher vielen Dank an alle Akteure, die sich für die Belange der Wälder eingebracht haben und genauso für den Dialog mit den Naturschutzverbänden. Dies ist ein gutes Zeichen und kann hoffnungsfroh stimmen! Gemeinsam die Probleme, die vor uns liegen angehen – gerade im Klimawandel – ist unser aller Auftrag!“

Friedhelm Schmitz-Jersch erklärt: „Wir wollten einen eindeutigen Schutz durch klare Regelungen bei gleichzeitigem finanziellem Ausgleich für die Landwirte erreichen. Das ist uns gemeinsam gelungen. Wir sind froh, dass nach einer Übergangszeit ab 2023 chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel aus allen Naturschutzgebieten und ab 2028 diese Mittel auch aus den FFH-Gebieten, die nicht Naturschutzgebiete sind, verbannt sind. Darüber hinaus ist in allen Naturschutz- und FFH-Gebieten ab 2028 der Einsatz von mineralischen Stickstoffdüngern untersagt. Gewässerrandstreifen, die ebenfalls ab 2023 dauerhaft begrünt und frei von allen Pflanzenschutz- und Düngemitteln sein müssen, tragen wesentlich zur Reinhaltung der Gewässer und damit zur Sicherung der Artenvielfalt bei. Die Landwirtschaftsförderung soll darüber hinaus wirksamer auf den Arten- und Insektenschutz ausgerichtet werden. Trotz unterschiedlicher Interessen und Ausgangslage war dieses Ergebnis möglich. Dieses gegenseitige Verständnis sollten wir auch künftig für die Zusammenarbeit nutzen.“

Henrik Wendorff erklärt: „Wir haben erreicht, dass eine Reihe unserer Forderungen, wie die Einrichtung eines Kulturlandschaftsbeirates oder auch der Sitz im Stiftungsrat des Naturschutzfonds Brandenburg, bereits vor dem heutigen Ergebnis umgesetzt werden konnten. Darüber hinaus sind nun weitere klare Regelungen getroffen worden, für die es feste Vereinbarungen für die dringend notwendige finanzielle Begleitung gibt. Bei Weidetierhaltung und Gewässerrandstreifen betreten wir zudem Neuland. Wir geben mit diesem Ergebnis auch ein großes Stück Vertrauensvorschuss in die politischen Hände von Parlament und Verwaltung. Verbunden mit dem vereinbarten gemein-samen Umsetzungsgremium sehen wir jedoch die einmalige Chance, dass zukünftig Forderungen der Gesellschaft mit der Frage nach der Betroffenheit von Bauern und Weidetierhaltern, Waldbesitzern, Fischern und Anglern und allen anderen Landnutzern, verbunden werden. Dies könnte in der Tat ein neuer gemeinsamer Weg in der Agrar- und Umweltpolitik, mit einer Verlässlichkeit für die kommenden Jahre, werden.“

Rückfragen der Presse an:
• Friedhelm Schmitz-Jersch, Vorsitzender NABU Brandenburg, +49 (171) 3667469
• Gregor Beyer, Geschäftsführer Forum Natur Brandenburg, +49 (151) 22655769

Beschlussdokumente:
Beschlussvereinbarung zum Insektendialog zur Zusammenführung von zwei Volksinitiativen
Übersicht zu den wichtigsten Punkten der Beschlussvereinbarung

Beetle Banks – Landwirte bringen die Artenvielfalt zurück auf den Acker!

Beetle Banks – Landwirte bringen die Artenvielfalt zurück auf den Acker!

Das Insekten- und besonders das Bienensterben ist in Form medialer Großereignisse im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen. Vielerorts mangelt es an Lebensräumen für Kleinstlebewesen. Eine moderne Landwirtschaft steht jedoch nicht grundsätzlich im Gegensatz zu nachhaltiger Nutzung und lebendiger Natur. Deshalb muss die momentane Regelung der Ausgleichsflächen um ein System ergänzt werden, das Naturnutzung und Naturerhalt auf einer Fläche zusammenfügt. Hierfür schaffen Beetle Banks die Grundlage.

Lebensnotwendige Räume
Stattdessen wurde das ökologisch überwiegend wertlose aber bürokratisch anspruchsvolle „Greening“ auf den Weg gebracht. Nicht einmal auf einem Prozent der landwirtschaftlichen Flächen konnten so Dauerlebensräume geschaffen werden, die von Insekten, Vögeln und Säugetieren so dringend benötigt werden. Lebens- und Überlebensraum zu schaffen ist aber Grundvoraussetzung für eine artenreiche Agrarlandschaft.

Das Mikroklima macht’s
Genau das kann die Anlage von sogenannten Beetle Banks (zu Deutsch Insektenwälle) erreichen. Obwohl in Großbritannien bereits in Feldversuchen seit den frühen 1980er Jahren erforscht, fanden die Insektenwälle erst jetzt ihren Weg aufs europäische Festland. Die 40 bis 70 Zentimeter hohen Erdaufschüttungen vereinen die Vorzüge von Altgrasstreifen und Bienenweide und lassen ein ganz besonderes Mikroklima entstehen. Sie werden mit Knaulgras eingesät und idealerweise beidseitig von Blühstreifen flankiert. Innerhalb eines Schlages oder zwischen zwei Feldfrüchten angelegt, kann die Artenvielfalt so endlich auf die Ackerflächen zurückkehren.
Insektenwälle sind Ganzjahresbiotope für Kleinstlebewesen, von denen sie nach erfolgreicher Überwinterung zurück ins Feld einwandern können. Dort können sie sie Schädlingszahlen signifikant reduzieren und wieder wichtige Rollen in komplexen Nahrungsnetzwerken übernehmen – eine Chance für die immer wichtiger werdende biologische Schädlingsbekämpfung.

Pilotprojekte voller Erfolg
Erste Erfahrungen konnte die Game Conservancy Deutschland e.V. (GCD) durch die Eigeninitiative zweier Mitglieder der Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg e.V. in ersten, erfolgreichen Praxistests seit Frühjahr 2019 sammeln. Auf dem Gut Zernikow in der Uckermark und dem Milchgut Bahnitz im Havelland wurden durch die Betreiberfamilien Schulze und Meltl je zwei 800 bis 1.000 Meter lange Insektenwälle mit flankierenden Blühstreifen angelegt und eigenfinanziert. Trotz Startschwierigkeiten und den – auch durch die Trockenheit begünstigten – aufschießenden Ackerunkräutern, können beide Projektstandorte eine durchweg positive Bilanz ziehen. Die Insektenwälle und Randstreifen muten zwar optisch sehr unterschiedlich an, pulsieren aber nur so vor Leben. Es summt, krabbelt und surrt. Die ersten Feldvögel und Hasen sind ebenfalls eingezogen und man blickt zuversichtlich ins nächste Projektjahr. Eine solche Rückeroberung der Feldflur ist nur durch eine Vielzahl von neuen ökologischen Nischen möglich, die in und auf den Insektenwällen entstehen.

Bayern macht mit
Wie hoch der Bedarf ist, zeigen auch zahlreiche andere Untersuchungen. Die Arbeiten der Game Conservancy Deutschland e.V. (GCD) zum Überleben von Junghasen beispielsweise konnten auch den Bayerischen Bauernverband zur Kooperation überzeugen. Der gemeinsame Antrag zu einem Modellprojekt an das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft war bereits erfolgreich. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Triesdorf wird nun eine umfassende, wissenschaftliche Studie zu den Insektenwällen umgesetzt. In drei bayerischen Landwirtschaftsbetrieben wird dafür jede Aktivität ökonomisch beschrieben und die ökologischen Parameter mit wissenschaftlichen Methoden erfasst.

Ziel ist die EU
Am Ende des GCD-Großprojektes steht ein Katalog, der eine in der EU-geförderte Agrarmaßnahme durchzusetzen soll, die tatsächlich positive Effekte für Biodiversität hat und auch für die Landwirtschaft sinnvoll ist. Punktuelle Maßnahmen einzelner Freiwilliger führen nicht zu dem Ziel, ehemals weitverbreitete Arten zu retten oder auch nur zu stabilisieren. Es müssen endlich weiträumige Mosaike von Ganzjahresbiotopen in die Landschaft eingebracht werden. Insektenwälle schaffen das.

V. i. S. d. P.:

Ein Projekt der Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg e.V. und der Game Conservancy Deutschland e.V.

Text und Bild: Dr. Nina Krüger, Dr. Daniel Hoffmann (Game Conservancy Deutschland e.V.)

Projektleitung Brandenburg: Dr. Eberhard Lasson (Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg e.V.)
Kontakt: eberhard.lasson[at]lasson.eu

Weiterführende Informationen und Bildmaterial unter: www.gameconservancy.de

Weltbienentag vereint Landwirte und Imker

Weltbienentag vereint Landwirte und Imker

Der 20. Mai wurde als „Weltbienentag“ ins Leben gerufen. Imker, Landwirte und die Landnutzer generell wissen, dass die Bienen für die menschliche Ernährung die drittwichtigste Nutztierart nach Rindern und Schweinen sind. Dabei steht nicht nur der allen bekannte Umstand im Fokus, dass Bienen Honigproduzenten sind, vielmehr ist es die Bestäubungsleistung der fleißigen Insekten, die auch aus den ökologischen Gesamtzusammenhängen heraus essentiell für die gesamte Landnutzung ist.

Bienenstöcke weltweit

Das Forum Natur begrüßt es daher außerordentlich, dass der Weltbienentag zu einer umfassenden Befassung mit dem Bienen- und Insektenschutz führt. Gerade auch diese Debatte ist geprägt von Missverständnissen und Halbwahrheiten, die der Sache nicht gut tun. So ist es beispielsweise gerade die Honigbiene, deren Bienenstöcke nach Angaben der „Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen“ weltweit seit Jahren zunimmt, während viele Wildbienenarten drastische Bestandsrückgänge zu verzeichnen haben. So ist in Europa ungefähr jede zehnte Wildbienenart vom Aussterben bedroht und bei mehr als der Hälfte der Arten gibt es keine verlässlichen Daten zu den Beständen. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Bienenstöcke in Deutschland seit den 80ger Jahren aber drastisch ab. So rafft die gerade mal 1,7 Millimeter kleine Varroamilbe im Winter immer wieder zahlreiche Bienenvölker dahin.

Bienenstöcke in Deutschland

Dass unsere Honigbiene dennoch nicht in akuter Gefahr ist, ist das Verdienst der Imker, denn die Völker lassen sich nachzüchten. „Die Honigbiene wird das letzte Insekt sein, das ausstirbt“, stellte daher kürzlich Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, in einem Interview klar. „Sie ist nicht bedroht, solange es Imker gibt.“ Notwendig ist daher der Schutz und die Förderung der Imkerei als eine der genauso klassischen wie essentiellen Formen der Landnutzung. Gleichzeitig müssen wir die Landnutzung, insbesondere die Agrar- und Forstwirtschaft so gestalten, dass sowohl die Honigbienen, wie auch die Wildbienenarten einen Lebensraum vorfinden, der ihre Existenz nachhaltig sichert.

Dieser Aufgabe widmet sich auch das Forum Natur mit seinem Blühflächenprogramm. Alleine in diesem Jahr haben sich über 60 Landwirtschaftsbetriebe bereit erklärt Blühflächen anzulegen und werden beim Saatgutkauf mit einem Förderprogramm des Forums unterstütz. Voraussetzung für die Förderung ist die Abstimmung der Anlage der Flächen mit dem örtlichen Imker und dem zuständigen Jagdpächter; denn nur in der Zusammenführung des Wissens und der Erfahrung in der Bewirtschaftung der Kulturlandschaft liegt der Erfolg für eine bewahrte Umwelt!

Da das Programm aus Spenden finanziert wird, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Haben Sie Interesse?

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