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Herr Beyer, was erhoffen Sie sich von den zweiten Wolfswachen? Die Reaktionen und Folgen der ersten Wolfswachen vom vergangenen Jahr waren durchaus sehenswert.

So ist es! Es war eine unserer besten Entscheidungen im vergangenen Jahr zusammen mit unseren Partnern und Mitgliedsverbänden die erste brandenburgweite Nacht der Wolfswachen zu organisieren. Seitdem hat sich der Fokus von einer Diskussion der Betroffenen in den öffentlichen Raum bewegt und dabei auch für viel -teilweise unerwarteten- Zuspruch gesorgt. Wir dürfen eben keine Angst haben unsere Themen zu transportieren; gerade dann, wenn es keine einfachen sind. Deshalb werden wir auch am 9. März wieder mit dabei sein!

Das Forum Natur Brandenburg schätzt es durchaus, dass die Wolfsverordnung vom Land Brandenburg im Eiltempo durch die Instanzen gegangen ist – hält sie jedoch für inpraktikabel. Nun wurde von einem Landwirt das erste Mal Antrag gestellt, die Wolfsverordnung anzuwenden und das Dobbrikower Wolfsrudel zu entnehmen. Haben Sie eine Prognose, wie sich dieser Fall entwickeln wird?

Für uns war bei aller deutlich vorgetragenen Kritik an der gegenwärtigen Verordnung immer klar, dass diese die Chance erhalten soll sich in der Praxis zu bewähren und dann ein abschließendes Urteil zu fällen sein wird! Daher unterstützen wir auch den Landwirt, der nun nach Recht und Gesetz einen ersten Antrag gestellt hat. Nun hat die Verwaltung die Chance auch den praktischen Beweis dafür anzutreten, dass die von ihr gewollte Wolfsverordnung die bestehenden Probleme löst. Eine persönliche Prognose wie das ausgeht habe ich zwar -aber man will natürlich fair sein und der Verwaltung die Chance lassen.

Der Bauernbund, der förderndes Mitglied des Forum Natur Brandenburg ist, vertritt eine radikale Notwehr-Position. Ihre unterscheidet sich davon. Inwiefern und warum?

Der Bauernbund hat eine Frage aufgeworfen von der ich immer vorausgesagt habe, dass sie sich unweigerlich stellen wird, wenn die Politik beim Wolf weiterhin so kläglich versagt. Ich bin nun sehr gespannt auf die juristische Begründung, die der Bauernbund ja in Kürze vorlegen will. Gleichsam gilt für das Forum Natur unmissverständlich: „Wir stehen fest auf dem Boden unserer Gesetze!“ Dort wo sich diese als fehler- oder lückenhaft erweisen, kämpfen wir dafür, dass sie sich ändern. Die Macht des Faktischen, an der nach meiner festen Überzeugung auch die Politik langfristig nicht mehr vorbeikommen wird, die schafft der Wolf selbst!

Dennoch unterstützen Sie den Bauernbund?

Als wir das Forum Natur gegründet haben wurde ich von einem Journalisten gefragt, ob wir die neue „Einheitsfront der Landnutzer“ seien. Ich habe damals geantwortet, dass wir etwas viel Besseres sind als eine Einheitsfront. Denn wir werden getrennt marschieren und am Ende immer vereint schlagen. Sie dürfen absolut sicher sein, dass das auch auf den Bauernbund zutrifft.

Die Abkalbesaison steht vor der Tür, 2017 wurden an geschädigte Halter von Nutztieren allein 86.000 Euro ausgezahlt, fast das Doppelte des Betrags von 2016. Die Landesregierung möchte deswegen einen Wolfsjäger anstellen und hat eine Stellenanzeige geschaltet. Was halten Sie davon?

Ich halte davon gar nichts! Und bin sehr froh, dass wir uns bezüglich der Wolfsverordnung zumindest dahingehend durchgesetzt haben, dass nunmehr ein Vorrang der Jagdausübungsberechtigten vor dem Zugriff eines sogenannten „staatlichen Wolfjägers“ in der Verordnung aufgenommen ist. Was wir definitiv nicht zulassen werden -und zwar ganz unabhängig davon, ob der Wolf formal jagdbares Wild ist oder nicht ist- dass bewaffnete private Wolfsjäger durch unsere Reviere schleichen. Bezüglich der Frage, wie verfahren werden kann, wenn die Jagdausübungsberechtigten das praktische Management nicht selbst übernehmen wollen, haben wir der Landesregierung auf Basis unserer Mitgliedsverbände einen praktikablen Vorschlag unterbreitet. Die Reaktion der Verwaltung wird für uns ein wesentlicher Maßstab für unser weiteres politisches Vorgehen sein.

Was sind Ihre zentralen Forderungen an die Landesregierung in Bezug auf die Wolfsverordnung?

Die Landesregierung muss ganz einfach den Beweis antreten, dass ihre Wolfsverordnung funktioniert. Das bedeutet konkret, dass auf die Anträge betroffener Landwirte bei minimaler Bearbeitungszeit eine praktikable Antwort vorliegen muss. Wenn die Landesregierung nicht in der Lage ist in einer Zeit von maximal vier Wochen auf einen solchen Antrag zu reagieren, dann ist die Wolfsverordnung gescheitert! Wenn Sie in einer Art und Weise auf die Anträge reagiert, die zu keiner Problemlösung führt, dann ist die Wolfsverordnung ebenfalls gescheitert!

In früheren Jahrzehnten waren es die Robben und die Wale, die die Öffentlichkeit bewegten. Heute ist es der Wolf. Warum brennen so viele Menschen für diese Prädatoren?

Der Wolf ist geradezu das personifizierte Symbol für die Sehnsucht des Menschen nach Wildnis! Wer im urbanen Raum lebt, der trägt diese Sehnsucht offenbar in sich. Anders ließe sich psychologisch übrigens nicht erklären, warum sich gerade der Stadtmensch am liebsten mit Outdoorklamotten und schicken SUV durch die Häuserschluchten bewegt! Wie dem auch sei, machen wir doch was draus! Holen wir die Menschen doch ab dort wo sie sind und machen ihnen klar, dass wir uns selbst auch mit dem Wolf identifizieren! Alles was wir ihnen erklären müssen ist die Tatsache, dass derjenige der Wölfe haben will, bereit sein muss sie zu managen, gerne mit SUV und im sündhaft teuren Outfit!

Warum stehen anscheinend so viele Menschen dem gleichgültig gegenüber, wenn Kälber und Schafe gerissen werden bzw. die wirtschaftliche Existenz von Landwirten gefährdet erscheint?

Tun sie das? Mein Eindruck ist eher, dass kaum eine Sache so sehr zum deutlich wahrnehmbaren Meinungswandel beigetragen hat, wie die Bilder von gerissenen Schafen und Kälbern. Die Menschen werden nun auf einmal mit Bildern konfrontiert, die so gar nicht in das heilige Spendensammelschema einiger Verbände passen. Tatsache ist aber, dass wir uns dem Problem stellen müssen, dass insbesondere diejenigen Menschen gegen die sogenannte Massentierhaltung demonstrieren, deren Leben im urbanen Raum tendenziell dem einer „Massenmenschhaltung“ entspricht. Aber nichts ist politisch so produktiv, wie bestehende Widersprüche aufzugreifen -ich halte auch das für eine Chance!

Gehört der Wolf in unsere Kulturlandschaft?

Ferdinand von Raesfeld hat vor über 100 Jahren das Aussterben des Rotwildes in der Kulturlandschaft prophezeit. Wie wir wissen kam es anders! Und das deshalb, weil es die Jäger waren die erkannt haben, dass die Wildtiere genauso wie die Kulturlandschaften selbst immer gemanagt werden müssen. Das Rotwild wie die Wölfe sollten zunächst das Recht haben, sich ihren Lebensraum zu suchen. Und es müssen weiterhin die Jäger sein, die die sich daraus ergebenden Konflikte in unseren Kulturlandschaften lösen und ggf. auch bestimmen, wo die ein oder andere Art nichts zu suchen hat. Alles andere wäre eine Welt die denkbar, aber sinnlos wäre!

Die Fragen stellte Helge von Giese. Es ist in „Wir Jäger“, Ausgabe 03/2018 erschienen.

Wir Jäger, Ausgabe 03/2018 zum download: WirJaeger_3.2018

Bildnachweis: ©RRENOIR CREATIVE STUDIO, Rudi-Renoir Appoldt